Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Berlin von A(lex) bis Z(oo)"

 

3. Tag:
Frühstück, Fahrt zum Ostbahnhof, East Side Gallery, Oberbaumbrücke, Molecule Man, Jüdisches Museum, Fundusverkauf der Komischen Oper, Unter den Linden, Staatsbibliothek, Altes Palais, Reiterstandbild Friedrichs des Großen, Humboldt-Universität, Neue Wache, Maxim-Gorki-Theater, Kommandantenhaus, Kronprinzenpalais, Prinzessinnenpalais, Forum Fridericianum/Bebelplatz (Staatsoper Unter den Linden, Sankt-Hedwigs-Kathedrale, Alte Bibliothek/Kommode, Denkmal Versunkene Bibliothek), Mittagessen, Museumsinsel (Pergamon-Museum, Bode-Museum), Neue Synagoge, Postfuhramt, Kunsthaus Tacheles, Abendrundfahrt (Alexanderplatz, Potsdamer Platz, Boulevard der Stars, Sony-Center)

 

Gestärkt mit einem reichlichen und sehr guten Frühstück starten wir in den nächsten Besichtigungstag. Zunächst fahren wir mit der S-Bahn bis zum Ostbahnhof. Denn von dort sind es nur wenige Schritte bis zur East Side Gallery, einem gut 1 km langen Stück der Berliner Mauer, das nach der Wende von Künstlern aus aller Welt gestaltet worden ist. 2009 erfolgte eine weitgehend originalgetreue Restaurierung, sie war notwendig geworden, da Umwelteinflüsse und Zerstörung von Menschenhand die Malereien in den vorangegangenen Jahren ziemlich beschädigt hatten.

An einer Stelle wurde ein Stück der Mauer entfernt, um einen Zugang zur Spree zu schaffen. Dies gibt auch einen Blick auf die Oberbaumbrücke frei. Durch das Gegenlicht sind auf dem Foto aber leider nur die Umrisse erkennbar. Diese Brücke, die wir wenig später dann auch überqueren, ist eine ziemlich eigenartige Konstruktion. Es führt darüber nicht nur der Auto- und Fußgängerverkehr, sondern auch eine U-Bahn-Linie, und zwar auf einer Trasse oberhalb der Fahrbahn. Die Grenze zwischen Ost und West verlief einst quer über die Brücke, was zur Folge hatte, dass das Bauwerk dem Verfall preisgegeben war. Es wurde aber nach der Wende wieder aufgebaut und neu gestaltet. Durch die Türme, Zinnen und Säulen entsteht irgendwie ein burgartiger Charakter.

Von der Brücke aus kann man in einiger Entfernung den Gebäudekomplex der Treptowers sehen, eines dieser Bauwerke, der Allianz-Tower ist mit 125 Metern das größte Bürogebäude Berlins. Davor befindet sich in der Spree die Skulptur Molecule Man von Jonathan Borofsky. 30 Meter hoch sind die drei gelöcherten Männer aus Aluminium und über 45 Tonnen schwer. Wir haben uns mit diesem Anblick aus der Ferne zufrieden gegeben. Das Foto ist stark gezoomt.

Ein Stück sind wir zu Fuß unterwegs, das Gebiet hier ist nicht sehr einladend, dann steigen wir wieder in die U-Bahn und fahren bis zum Halleschen Tor. Wir möchten uns das Jüdische Museum, zumindest von außen ansehen. Das tanzt jetzt rein geografisch gesehen aus der Reihe, es hätte an einem anderen Tag schon mal besser in unsere Route gepasst, aber die Verkehrsverbindungen in Berlin sind so dicht und schnell, dass das nicht wirklich eine Rolle spielt.

Das Jüdische Museum Berlin besteht aus einem barocken Altbau, dem Kollegienhaus, einst Landgericht und später stadtgeschichtliches Museum, und einem architektonisch auffällig gestalteten Neubau mit einer Gartenanlage. Vom Altbau blieben im Zweiten Weltkrieg nur die Außenmauern stehen, in den 60ern wurde er wieder aufgebaut. Der Neubau ist im Stil des Dekonstruktivismus von Daniel Libeskind geplant worden. Der Grundriss soll einen zerrissenen David-Stern darstellen, die Außenhaut des Gebäudes besteht aus Titan und Zink und wirkt von den Lichteinlässen förmlich "beschädigt" und "verletzt". Spitze Winkel, schiefe Böden, viel Beton ... leere, nicht betretbare, aber einsehbare Räume ... im Inneren soll die Architektur genauso "extrem" sein. Da gäbe es sicher viel darüber zu sagen, aber das würde nicht hierher passen, zumal wir das Museum ja nur von außen gesehen haben.

Vor dem Museum patrouilliert ein Polizist. Wir machen dort auf einem Betonbankerl kurz halt, um etwas aus unserem Rucksack zu nehmen. Und anschließend muss sich Gerhard auch noch die Schuhbänder neu binden. Ich habe den Eindruck, wir haben den Mann durch unseren Aufenthalt unruhig gemacht. Er kommt immer wieder ganz nahe heran und lässt uns nicht aus den Augen. Wir wollten natürlich keine Unruhestifter sein, haben das aber offensichtlich geschafft. Dabei dachte ich, dass wir wirklich harmlos aussehen, wie Touristen halt!

Mit der U-Bahn fahren wir von der Station Kochstraße (wir wären hier nahe am Checkpoint Charlie, aber den haben wir ja schon "erledigt") bis zum S-Bahnhof Friedrichstraße. Silvia wird sich für die Mittagszeit von uns trennen, da sie sich mit einer Studienkollegin trifft, die in Berlin zu Hause ist. Wir gehen von dort aus in Richtung Unter den Linden, überqueren diese Straße und schauen dann beim "Fundusverkauf" in der Behrenstraße vorbei. Das Transparent haben wir schon gestern gelesen, aber da hat die Uhrzeit nicht gepasst. Hier werden aus dem Fundus der Komischen Oper Berlin Kostüme, Möbel und Ausstattungsgegenstände angeboten. Erschwinglich ist das Zeug ohnehin nicht, aber das Schauen und Stöbern ist ein Erlebnis.

Wir gehen zum Boulevard Unter den Linden zurück und diesen entlang. Hier gilt es noch einige Sehenswürdigkeiten "aufzusammeln". Wir waren zwar schon in dieser Gegend, sind aber auf andere Pfade abgewichen. An dieser Stelle wird es Zeit, diese Straße endlich einmal etwas näher zu beschreiben. Sie war ursprünglich ein Reitweg, der bereits im 16. Jahrhundert angelegt wurde und das Stadtschloss mit dem Tiergarten verband. Kurfürst Friedrich Wilhelm ließ dann Mitte des 17. Jahrhunderts hier Bäume pflanzen, ich nehme an, dass es sich um Linden gehandelt hat, das hat eine gewisse Logik. Daraus wurde die älteste Flaniermeile der Stadt, sie beginnt am Brandenburger Tor und endet an der Schlossbrücke. Friedrich der Große, "der Alte Fritz" ließ später dann großzügig ausbauen, 60 Meter breit und mit Mittelstreifen. Dort wo dieser Mittelstreifen und damit der Baumbestand im Osten endet, steht sein Reiterstandbild. Kaum zwei Minuten später werden wir daran vorbeikommen.

Vorher kommt aber noch das Gebäude der Staatsbibliothek an die Reihe. Hier gibt es allerdings nichts zu sehen außer einem Riesengerüst, das wirklich so gut wie alles verdeckt. Kaiser Wilhelm II. ließ das Bauwerk zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichten. Mit seinem neobarocken, monumentalen Stil sollte es besonders auch repräsentative Zwecke erfüllen. Der Lesesaal im Zentrum war mit einer riesigen Kuppel überdacht. Sie wurde ein Opfer des Zweiten Weltkriegs.

Weiter also geht es die Prachtstraße entlang. Wir nähern uns dem "Alten Fritz", noch kehrt er uns den Rücken zu. Rechter Hand liegt das Alte Palais. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Carl Ferdinand Langhans im klassizistischen Stil erbaut. Im Zweiten Weltkrieg brannte es komplett aus, es wurde in den 60ern aber nur die Fassade zu den Linden hin wieder originalgetreu aufgebaut. Heute wird es von der Humboldt-Universität als Institutsgebäude genutzt.

Schräg gegenüber, also wenn wir links am Reiterstandbild vorbeigehen, stehen wir vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität. Es gehört zum früheren Forum Fridericianum, von dem ein paar Absätze weiter gleich noch die Rede sein wird. Das großzügig angelegte und sehr effektvoll wirkende Bauwerk stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ursprünglicher Zweck war ein neues Königsschloss, doch da sich - auch davon später - in den Gesamtplänen zwischenzeitlich einiges geändert hatte, wurde es für Prinz Heinrich, Friedrichs jüngeren Bruder, gebaut und einige Jahre nach dessen Tod der ersten, eben erst von Wilhelm von Humboldt gegründeten Berliner Universität übertragen.

Zu Ende des 19. Jahrhunderts wurden diverse Umbauten und Erweiterungen vorgenommen. Im Zweiten Weltkrieg blieben nur wenige Teile dieses Gebäude-Ensembles bestehen. In zwei Etappen erfolgte ein Wiederaufbau, der sich am historischen Vorbild orientierte. Berühmte Besucher dieser Uni sind u.a. Jakob und Wilhelm Grimm, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Albert Einstein und Max Planck. Im Innenhof und vor dem Gebäude werden antiquarische Bücher verkauft. Wir haben ein wenig in den Beständen gestöbert, aber nichts Interessantes gefunden.

Geht man die Linden ein Stück weiter auf derselben Straßenseite kommt man zur Neuen Wache. Friedrich Wilhelm III. ließ sie Anfang des 18. Jahrhunderts errichten, da die Wachstube im naheliegenden Zeughaus nicht mehr groß genug gewesen war. Damals herrschte ein wenig Geldnot, so wurden Seiten- und Hinteransicht des Gebäudes in rohem Backstein belassen. Karl Friedrich Schinkel, der Architekt, wusste das gut mit einem Baumbestand rundherum zu kaschieren. Auch hat er das Gebäude so entworfen, dass es trotz seiner nicht gerade großen Abmessungen neben den vielen Monumentalbauten in der Umgebung gut zur Wirkung kommt. Es diente zu dieser Zeit auch als Gedenkstätte für die Gefallenen der Napoleonischen Kriege.

Nach dem Ende der Monarchie wurde es zum Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Es entstand damals schon durch Entfernen aller Zwischenwände ein riesiger Raum, in dessen Zentrum ein schwarzer Granitblock mit einem Eichenkranz in Gold und Silber aufgestellt wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude fast völlig zerstört, aber bereits 1960 wieder aufgebaut und den Opfern des Faschismus und Militarismus gewidmet. Der Granitblock wurde durch eine Ewige Flamme in einem Glasprisma ersetzt.

Seit 1993 ist das Bauwerk die "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland". In der Mitte des noch immer sonst völlig leeren Raumes steht eine vergrößerte Nachbildung der Skulptur "Mutter mit totem Sohn" von Käthe Kollwitz. In den Boden davor ist die Widmung "Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft" eingelassen. Der runde Lichteinlass in der Decke erzeugt einen ovalen Sonnenfleck auf der völlig schmucklosen Mauer. Sonst ist da nichts. Der Neugestaltung dieser Gedenkstätte sind ausufernde Debatten und Streitereien vorangegangen, sowohl über die Figuren als auch über die Inschrift, sie mögen allesamt berechtigt gewesen sein. Ohne mich damit näher beschäftigt zu haben und zu wissen, was jetzt genau den Grund für diese Kontroversen gebildet hat ... man mag mir verzeihen, dass ich hier einfach nur mein Gefühl ausdrücke: Die Raumwirkung ist enorm eindringlich, die Skulptur stimmt unendlich traurig, wer hier nicht ergriffen ist, ... naja, das möchte ich jetzt lieber nicht formulieren.

Schräg hinter der Neuen Wache ist das Maxim-Gorki-Theater. Es kam zufällig ins Bild und damit in diese Reisegeschichte.

Steht man mit dem Rücken zur Neuen Wache und blickt über die Straße, hat man schräg links vor sich folgende drei Gebäude: das Kommandantenhaus, das Kronprinzenpalais und das Prinzessinnenpalais. Über die beiden letzteren möchte ich noch kurz ein paar Worte verlieren.

Das Kronprinzenpalais, im 17. Jahrhundert als Privathaus erbaut, diente bis 1918 - wie der Name schon sagt - als Residenz des jeweiligen Kronprinzen. Nachher war darin die Moderne Abteilung der Berliner Nationalgalerie untergebracht. 1936 wurden viele Kunstwerke von der Gestapo konfisziert und teilweise vernichtet oder in der Wanderausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. In den letzten Kriegsmonaten fiel das Gebäude einem Bombenangriff zum Opfer und musste komplett abgetragen werden. Das wieder errichtete Haus war Gästehaus für DDR-Staatsgäste. Später wurde hier der Einigungsvertrag zwischen der DDR und der BRD unterschrieben. Heute wird es für Veranstaltungen genutzt.

Das Prinzessinnenpalais entstand im 18. Jahrhundert aus zwei Wohnhäusern, die später mit einem Trakt verbunden wurden. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand der Bauteil zu den Linden hin und eine Verbindung mit dem Kronprinzenpalais. Bis zum Ende der Monarchie wohnten hier die Mitglieder der preußischen Herrscherfamilie. Auch dieses Gebäude musste nach dem Krieg vollständig wieder aufgebaut werden. Wegen seiner Nähe zur Oper wird es auch Opernpalais genannt, und es befinden sich heute darin gastronomische Betriebe.

Damit sind wir nun auch schon beim Opernhaus Unter den Linden, kurz gesagt der Lindenoper, und damit beim schon einmal kurz erwähnten Forum Fridericianum, angelangt. Die Oper ist nämlich das Eckgebäude zwischen den Linden und dem Bebelplatz, der diesen Namen erst viel später bekam, aber geografisch dasselbe bedeutet wie das Friedrichsforum. Und so kommen wir hier auch wieder zurück auf Friedrich den Großen. Als er 1740 seine Regierung antrat, hatte er viel vor. Er war sehr architekturbegeistert und auch persönlich mit Skizzen und Plänen seiner Vorhaben befasst. Einer seiner wichtigsten Berater war Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.

Friedrichs Plan war, hier auf diesem Platz ein großartiges, repräsentatives, neues Stadtzentrum aufzubauen, das Politik, Wissenschaften und Kunst in sich vereinen sollte. Die allererste große Planung sah ein neues Schloss vor, weiters ein Opernhaus, das auch tatsächlich als erstes Gebäude dieses Ensembles errichtet wurde, und ein Ballhaus, was nichts mit Tanzen sondern mit einem tennisähnlichen Ballspiel zu tun hatte, zumindest behauptet das Wikipedia.

Diese Planung erwies sich als nicht realisierbar. Denn eine Seitenlinie der Hohenzollern, die im Palais Schwedt saß (ein Vorgängerbau des Alten Palais), machte ihm einen Strich durch die Rechnung, weil sie das Haus nicht aufgeben wollte. So wurde umgeplant. Die Oper gab es ja schon (1741-43), das Ballhaus wurde aus dem Plan gestrichen, das geplante Schloss wurde - wie oben bereits erwähnt - nur mehr als Prinz-Heinrich-Palais, das heutige Hauptgebäude der Humboldt-Universität, verwirklicht (allerdings erst 1748 begonnen). Gleichzeitig gab Friedrich den Auftrag, in Potsdam das Schloss Sanssouci (1745-47) zu bauen, d.h. er verlagerte seinen persönlichen Lebensmittelpunkt dorthin. Dafür wurde mit dem Bau der Hedwigskirche begonnen (1747). Friedrich hatte hier einen politischen Grund. Nach dem Zweiten Schlesischen Krieg wollte er durch die Errichtung einer katholischen Kirche, die der Schlesischen Landesheiligen Hedwig geweiht ist, religiöse Toleranz demonstrieren. Erst um einiges später (1775) wurde mit dem Bau der Königlichen Bibliothek, heute Alte Bibliothek, begonnen. Die Hohenzollern-Seitenlinie gab das im Wege stehende Palais nun doch auf, darum war an der Westseite des Platzes der Raum frei für ein weiteres Gebäude.

Hier nun aber noch einige Details zu den angeführten Bauwerken: Die Lindenoper wurde unter dem Architekten Knobelsdorff errichtet und ein Jahrhundert später nach einem Brand von Carl Ferdinand Langhans klassizistisch wiederaufgebaut. Sie war lange Zeit ein sehr geachtetes und wichtiges europäisches Opernhaus. Enrico Caruso hat hier gesungen, Richard Strauß hat hier dirigiert. In den 30ern wurde umgebaut, in den 50ern nach den Kriegszerstörungen wieder aufgebaut. Derzeit wird auch gerade gebaut. Das Ensemble der Staatsoper Berlin ist in das Schillertheater umgezogen, geplante Wiederaufnahme des Spielbetriebes ist Oktober 2013.

Die Hedwigskirche, heute Sankt-Hedwigs-Kathedrale, entstammt Plänen von Knobelsdorff und Jean Lauren Legeay. Sie ist nach dem Vorbild des Pantheon in Rom gestaltet, und ihre Bauphase verlief unter großen Schwierigkeiten. Wegen Geldknappheit und des dritten Schlesischen Krieges wurde die Kirche nur vorläufig fertiggestellt, 1773 erfolgte die Einweihung. Aber erst zu Ende des 19. Jahrhunderts war sie wirklich fertig. Seit 1930 ist sie die Bischofskirche für das Bistum Berlin. 1943 brannte sie völlig aus. In den 50ern wurde sie in leicht veränderter Form wiederaufgebaut, so wurde die Kuppel vereinfacht, ohne Laterne, wiederhergestellt.

Der Innenraum wurde durch Hans Schwippert gänzlich neu gestaltet und die Krypta als Unterkirche mit in den gesamten Raum einbezogen. Das sieht sehr interessant aus. Besonders hervorzuheben ist der Altar der Krypta, der sich nach oben als Säule verlängert und den Hauptaltar in der Oberkirche trägt. Unten gibt es insgesamt acht Kapellen, die als Gedenk-, Tauf- und Betkapellen verwendet werden. Es sind dort auch Vitrinen mit Ausstellungsstücken.

Und in einer dieser Kapellen befindet sich eine Kopie der Pietà von Michelangelo aus San Pietro in Rom. Man kann nicht ganz nahe hin, denn die Kapelle ist durch eine Gittertür abgeschlossen. Aber man kann natürlich durchschauen. Ein ganz eigenartiger Effekt ergibt sich hier für mich: Dass ich es hier nicht mit dem Original zu tun habe, weiß mein Hirn ... einen Unterschied sehen können meine Augen aber nicht. Und wie sie da so steht ... ohne Panzerglas, ganz alleine, keine drängelnden Touristen, nicht auf einem hohen Sockel, sondern Marias Kopf in meiner Augenhöhe ... da wirkt sie auf mich eigentlich viel mehr als sie das vor drei Jahren in Rom vermocht hat. Irgendwie total stark, finde ich!

Die Alte Bibliothek wird von den Berlinern auch Kommode genannt. Das liegt an der geschwungenen Form. Georg Christian Unger kopierte auf Veranlassung Friedrichs des Großen hier den Entwurf Joseph Emanuel Fischers von Erlach für den Michaelertrakt der Hofburg in Wien. Was daran wirklich ein Kuriosum ist: Der Entwurf wurde in Wien erst viel später umgesetzt. Damit hat die Kopie das Original um etwa 100 Jahre überholt. Die Ausführung des Entwurfes war schwierig, da die Bausituation nicht mit dem Standort des Wiener Originals verglichen werden konnte. Es war zu wenig Platz da, somit musste die Krümmung deutlich schwächer ausfallen als geplant. Schon seit 1914 gehört die Alte Bibliothek zur Humboldt-Universität. Bombentreffer und Brände beschädigten das Haus im Zweiten Weltkrieg schwer. Die Platzfassade wurde originalgetreu nachgebaut. Im Inneren ist das Gebäude modern ausgestattet und heute Sitz der juristischen Fakultät.

Schließlich noch ein Wort zum Bebelplatz: Er hieß bei seiner Errichtung Platz am Opernhaus und war die Hauptachse des geplanten Forum Fridericianum. Später war er der Kaiser-Franz-Joseph-Platz, nach dem österreichischen Kaiser benannt, seit 1947 schließlich trägt er den Namen von August Bebel, einem der Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. 1933 war hier Schauplatz einer von den Nationalsozialisten initiierten Bücherverbrennung. Zum Gedenken daran befindet sich in der Platzmitte die "Versunkene Bibliothek", ein Glasfenster gibt den Blick auf einen unterirdischen, nicht begehbaren Raum mit weißen, leeren Bücherregalen frei. Das Denkmal wurde von Micha Ullman gestaltet. 20.000 Bücher würden darin Platz finden, genau so viel wie damals verbrannt wurden. Das Foto gibt nichts her, ich weiß. Es ist nur der Vollständigkeit halber hier.

Fast hätten wir die Zeit übersehen, zu der wir uns wieder mit Silvia treffen wollten. So müssen wir ganz schnell das Gebiet um den Bebelplatz verlassen. Wir haben damit leider wieder nicht alle Sehenswürdigkeiten in diesem Bereich "abgearbeitet". Das wird dann morgen nachgeholt, bitte noch etwas Geduld!

Wir treffen Silvia in der Nähe des S-Bahnhofes Friedrichstraße. Sie berichtet von ihrem ausgesprochen schmackhaften Mittagessen bei den "12 Aposteln". Ach herrje! Wir drei haben ja eigentlich auch mal Hunger. Der Gedanke an eine Pizza trägt da natürlich wesentlich dazu bei. Was tun? Silvia meint, dass es ihr nichts ausmacht, nochmals mit uns dorthin zu gehen. Das Lokal liegt in den S-Bahn-Bögen in der Georgenstraße. Beim Reingehen empfinde ich es zunächst gar nicht als sonderlich sympathisch, es ist großräumig, voll und laut. Aber wir finden einen Tisch in der Ecke, genau hinter dem Holzstoß für den Pizza-Ofen. Und dort sitzt man gemütlich und in Ruhe. Die Bedienung ist flink und freundlich, die Pizza ist perfekt, die Preise sind um die Mittagszeit ausgesprochen günstig. Scheint ein wirklicher Geheimtipp zu sein. Also ich kann es wärmstens empfehlen.

Wir lassen uns Zeit, nach dem intensiven Besichtigungsprogramm der letzten Tage haben wir uns auch mal ein wenig Gemütlichkeit ohne Auf-die-Uhr-Schauen verdient.

Es ist schon mittlerer Nachmittag, als wir endlich wieder aufbrechen. Von hier ist es nur ein Katzensprung zu dem Teil der Museumsinsel, den wir gestern am Abend aus Müdigkeit übrig gelassen haben. Die Pflicht-Fotos vom Pergamon- und vom Bode-Museum sind schnell erledigt. Über die Monbijou-Brücke erreichen wir den kleinen Platz vor dem Eingang des Bode-Museums, um auch gleich wieder über den zweiten Teil der Brücke die Museumsinsel zu verlassen.

Von dort geht es weiter die Monbijoustraße entlang, bis wir auf die Oranienburger Straße treffen. Ein kurzes Stück nach links, und wir stehen vor der Neuen Synagoge. Sie wurde im maurisch-byzanthinischen Stil nach einem Entwurf von Eduard Knoblauch von Friedrich August Stüler errichtet. Sie war damals die größte Synagoge Deutschlands. In der Progrom-Nacht wurde sie zwar in Brand gesteckt, aber es konnte das Schlimmste durch rechtzeitige Löscharbeiten verhindert werden. Im Zweiten Weltkrieg jedoch erlitt das Gebäude schwere Schäden, zusätzlich wurde von der Ruine Baumaterial für andere Zwecke wegtransportiert. Nach dem Krieg wurde der Großteil der beschädigten Gebäudeteile abgetragen, nur die ebenfalls in Mitleidenschaft gezogene Frontfassade blieb stehen. Eine Zeitlang wurde ein vollständiger Abriss in Erwägung gezogen, 1988-93 wurde dann doch die Straßenfront und die Kuppel originalgetreu wieder aufgebaut, dahinter wurde ein Neubau als Centrum Judaicum errichtet.

Ein Stück weiter fällt uns an einer Straßenecke ein Backsteinbau auf. Es handelt sich um das Postfuhramt. Es stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und war damals ein großzügiges Verwaltungsgebäude, das auch mit Ställen für die Post-Pferde ausgestattet war. Erst in den 80ern erfolgte eine grundlegende Restaurierung und damit Beseitigung aller Kriegsschäden. Seit 1995 ist der Postbetrieb dort eingestellt. Das Haus wird als Ausstellungsgebäude, vor allem für Fotografie, verwendet, das soll sich aber in nächster Zeit ändern. In Planung soll ein Hotel und Wohnungen sein.

Unser nächstes Ziel ist das Kunsthaus Tacheles. Wir wissen nicht ganz genau, was uns da erwartet. Etwas Außergewöhnliches, Verrücktes stellen wir uns vor. Aber der Besuch dort übertrifft alle Erwartungen um Längen. Errichtet wurde der Gebäudekomplex zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Einkaufspassage und erlebte daraufhin eine wechselvolle Geschichte als Kaufhaus, als Haus der Technik (die weltweit erste Fernsehübertragung hat hier stattgefunden), als NSDAP- und SS-Standort, nach dem Krieg als Reisebüro usw. Der kriegsbeschädigte Bau sollte abgerissen werden, und das hatte man auch schon schrittweise begonnen. Im Februar 1990 besetzten ungefähr 50 Künstler, die Gruppe nannte sich "Tacheles", die Ruine und verhinderten damit einen weiteren Abriss. Was sich dann hier entwickelt hat, muss man gesehen haben, es lässt sich nicht beschreiben und auch nicht wirklich in Fotos präsentieren. In den 90ern wurde das Zentrum intensiv genutzt. Wie es mit dem Gelände und dem Gebäude in Zukunft weitergeht, ist im Moment jedoch unklar. Mir erscheint es eher "auf dem absteigenden Ast" zu sein. Ich denke, es hat sich wahrscheinlich irgendwie überlebt. Der Besuch dort war aber jedenfalls ein Erlebnis der ganz anderen Art.

Mit der U-Bahn fahren wir dann vom Oranienburger Tor zurück zum Bahnhof Zoo. Wir gönnen uns eine Rastpause im Hotel und fahren am Abend wieder los. Diesmal wieder einmal mit dem 100er-Bus und gleich durch bis zum Alex. Der ist im Dunkeln eigentlich viel fotogener als am Tag. Wahrscheinlich ist es Einbildung, aber heute kommt es mir noch kälter vor, als es mir ohnehin schon die ganze Zeit vorkommt. Aus der neon-beleuchteten Kneipe kommt laute Musik. Es stehen Tische und Sessel heraußen. Das beschert einem irgendwie Assoziationen an eine laue Sommernacht ... eine leicht irreale Situation, wenn man gleichzeitig friert.

Kurze Zeit später steigen wir in den 200er-Bus und fahren bis zum Potsdamer Platz. Wir möchten gerne das Sony-Center in abendlicher Beleuchtung erleben. Wenn ich mir die Fotos so anschaue, war das eine gute Idee. Den Boulevard der Stars habe ich allerdings nicht richtig ins Bild gebracht. So wie beim Hollywood Walk of Fame werden hier Filmgrößen mit einem in den Boden eingelassenen Stern geehrt. Im September 2010 erfolgte die Einweihung mit 40 Sternen, in Zukunft soll noch weiter ausgebaut werden.

Fast unnötig zu erwähnen, dass wir uns bei McDonalds in der Nähe vom Bahnhof Zoo noch einen Kakao kaufen ... ja ... auch heute wieder!

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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