Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Warum ausgerechnet Wuppertal?"

 

2. Tag:
Frühstück, Bahnfahrt nach Düsseldorf, K21 im Ständehaus, Rheintor, Gehry-Bauten, Rundgang durch den Medienhafen, Landtag Nordrhein-Westfalen, Rheinturm, Rheinuferpromenade, Schlossturm, St. Lambertus, Tonhalle, Ehrenhof, Altstadt, Altes Rathaus, Jan Wellem-Reiterstandbild, Stahlhof, Königsallee (Kö), Tritonengruppe, Rückfahrt nach Wuppertal

 

Am Vortag haben wir schon die Zugsverbindungen nach Düsseldorf am Bahnhof Wuppertal herausgefunden. Wir haben dabei festgestellt, dass wir uns keinen besonderen Zeitplan zurecht legen müssen, denn die Züge verkehren in relativ kurzem Abstand. Die Fahrzeit dauert weniger als eine halbe Stunde.

Nach einem wiederum perfekten Frühstück machen wir uns also auf den Weg, mit den Infos über den Rundgang "Düsseldorf an einem Tag" und natürlich meiner Kamera bewaffnet. Das Wetter ist strahlend schön, die Temperatur angenehm, ... Vor dem Bahnhof in Düsseldorf begrüßt mich gleich einmal ein "Kollege". Nein Unsinn ... auf einer Litfaß-Säule steht die Figur eines Fotografen, sein Objektiv visiert jeden an, der den Bahnhof verlässt. Ich fühle mich gleich mal mit ihm verbunden und mache ein "Gegenfoto".

Die Reihenfolge der sehenswerten Punkte des von der Stadtseite Düsseldorfs vorgeschlagenen Weges werden wir nicht einhalten, eine andere Abfolge erscheint uns - rein geografisch gesehen - sinnvoller. So wenden wir uns zunächst nach Westen in Richtung Medienhafen. Dieses Gebiet hat bei mir von vornherein das größte Interesse, da ich schon Fotos davon gesehen habe, die mich neugierig gemacht haben. Wir kommen an einer Kreuzung vorbei, auf der Palmen (oder etwas Verwandtes, ich bin ein mieser Botaniker) gepflanzt sind, ... ist ja nicht unbedingt das in diesen Breiten erwartete Vegetationsbild ..., und besonders lustig finde ich die Kombination mit den Autoreifen. Das sieht wirklich komisch aus. Und Düsseldorf hat eine Besonderheit, auch die Fußgängerampeln haben eine Gelb-Phase. Das ist einzigartig in Deutschland.

Dann kommen wir am ehemaligen Ständehaus vorbei. Bis 1988 residierte hier der Landtag, heute ist es eine Dependance der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen mit dem Namen K21, sie beherbergt zeitgenössische Kunst. Das Gebäude befindet sich inmitten einer schönen Parkanlage mit einem Teich. Richtig romantisch sieht es hier aus. Auf einem der Bäume entdecken wir diesen grünen Vogel. Ich nehme an, der sollte nicht frei herumfliegen. Vor dem Eingang befindet sich ein Brunnen. Nein, diesmal ist es nicht der Neptun ... es ist "Vater Rhein und seine Töchter".

Weiter geht es in Richtung Rhein. Der Rheinturm mit seinen 234 Metern Höhe weist uns den Weg, er ist nicht zu übersehen. Bald stehen wir vor dem Rundbau des Landtags Nordrhein-Westfalen. Wir lassen beides aber zunächst mal links liegen (in Wirklichkeit natürlich rechts) und wenden uns rheinaufwärts in Richtung Medienhafen. Der riesige moderne Glaspalast, der in der Mitte einen Durchlass hat, heißt Rheintor. Ja, so sieht er tatsächlich aus, wie ein riesiges Tor. Die Dame auf der Litfaß-Säule wendet ihr Gesicht der Sonne zu. In Düsseldorf gibt es offensichtlich eine Menge solcher Figuren. Von der Ferne wirken sie ziemlich lebensecht.

Wir kommen zunächst am Neuen Zollhof vorbei, diese Gebäude werden - nach ihrem Erbauer Frank O. Gehry - Gehry-Bauten genannt. Aus Neugierde habe ich jetzt nachgesehen, ob wir schon mal auf unseren Reisen Gebäude, die dieser Architekt geplant hat, gesehen haben. Ja ... tatsächlich: In Berlin steht das DZ-Bank-Gebäude am Pariser Platz, die Rückseite zur Behrenstraße, unmittelbar am Gelände des Holocaust-Denkmals, ist mir damals aufgefallen. Und in Prag hat Gehry gemeinsam mit Vlado Milunic das Tanzende Haus (Tancici Dum) geschaffen. Wenn ich es mir so ansehe, ja ... das ist unverkennbar die gleiche Handschrift.

Der Neue Zollhof besteht aus drei Gebäudegruppen, eine mit weißer, eine mit silberglänzender und eine mit backsteinfarbener Fassade. Jede Gruppe ist für sich ineinander verschachtelt und verdreht, verschiedene Höhen, krumme Fassaden, schräge Wände, hervorstehende Fensteröffnungen, ... sieht stark aus! Fotos über Fotos habe ich gemacht, und jetzt bin ich gar nicht so richtig zufrieden mit dem, was ich hier präsentieren kann.

Die glänzende Fassadenverkleidung hinterlässt Spuren auf dem Gehsteig vor dem Gebäude, und natürlich gibt es auch Spiegelungen und Zerrungen der fotografierenden Person ins Bild zu bringen.

Ein Interview-Team ist hier gerade an der Arbeit, die Vorbereitungen laufen. Der "Hauptdarsteller" wird effektvoll vor dem glänzenden Gebäude in Position gebracht, das Gesicht ausgeleuchtet, Aufnahmegeräte werden herumgeschoben. Wir werden ihnen auch später noch mal an einer anderen Stelle im Medienhafen begegnen.

Wir gehen nun zwischen den Gehry-Bauten hindurch direkt an das Ufer und dann auch über eine Brücke in den gegenüberliegenden Teil. Immer wieder bieten sich neue Foto-Ansichten. Die Architektur ist enorm vielfältig. Alles zusammen macht es einen jungen, fröhlichen, beschwingten Eindruck. In diesem Gebiet befindet sich der Düsseldorfer Wirtschaftshafen, und das schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. In den letzten Jahrzehnten haben sich allerdings viele weitere Betriebe hier angesammelt. Sie gehören der Medien- und Werbebranche an, aber es gibt auch Mode- und Designerbetriebe, sowie Restaurants, Clubs, Diskotheken und ein Hotel. Das ist ein kleiner Teil meiner Foto-Ausbeute unseres Rundgangs.

Wir wenden uns dann wieder zurück in Richtung Rheinturm und Landtag, um die Rheinuferpromenade bis auf Höhe der Düsseldorfer Altstadt entlang zu spazieren. Das Landtagsgebäude wurde zwischen 1980 und 88 errichtet. Seiner Architektur liegen Kreise und Kreissegmente zugrunde. Es wirkt luftig und gefällig und fügt sich gut in seine Umgebung ein.

Der Park rundherum ist weitläufig, es gibt unzählige Bänke, und der Blick auf das Rheinknie und die gleichnamige Brücke, sowie die vorbeiziehenden Schiffe ist wirklich wunderschön. Natürlich leistet das strahlende Wetter einen Beitrag dazu.

Der Rheinturm wurde zwischen 1978 und 82 erbaut. Er ist sowohl Rundfunk-/Fernseh- und Richtfunkturm als auch Aussichtspunkt mit Restaurant. Eine Besonderheit ist die größte Digitaluhr der Welt. Von der Altstadt her kann die Uhrzeit nämlich vom Schaft des Turmes mittels bullaugenförmiger Lichter abgelesen werden. Erst nachträglich habe ich herausgefunden, wie das aussieht und wie es funktioniert. Ob man das bei Tageslicht auch hätte sehen können? Wir haben es jedenfalls leider nicht mitbekommen.

Zwischen Rheinturm und Rheinufer befindet sich eine Skulptur aus Metallstangen. Daran kann man den Ressourcen-Verbrauch auf unserer Mutter Erde ablesen, zumindest habe ich das so in Erinnerung. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich mehr auf die Optik konzentriert, gebe ich zu, und ich hätte später gerne herausgefunden, was das genau ist und was man da wirklich sehen kann. Fehlanzeige! Ich bin nicht fündig geworden. Aber fest steht, dass es recht effektvoll aussieht.

Unter der Rheinkniebrücke hindurch gehen wir die Rheinuferpromenade entlang. Viele Menschen sind hier unterwegs, kein Wunder bei dem tollen Wetter! Es herrscht eine total "frühlingsbegeisterte" Atmosphäre. Ich genieße es sehr, hier spazieren zu gehen. Düsseldorf ist mir sehr, sehr sympathisch.

Wir erreichen den Schlossplatz. Vom ehemaligen Düsseldorfer Stadtschloss steht nur mehr ein Turm. Das Schloss, schon im 13. Jahrhundert als Burg gegründet, wiederholt ausgebaut und zerstört, brannte 1872 aus, die Reste wurden abgebrochen, nur der Schlossturm wurde wiederhergestellt. Er beherbergt heute das Schiffahrtsmuseum.

Ganz in der Nähe befindet sich die Kirche St. Lambertus. Schon von weit weg sind man den eigenartig verdrehten Turm. St. Lambertus geht auf einen romanischen Vorgängerbau zurück, im 14. Jahrhundert wurde die Kirche in Backsteingotik errichtet, es erfolgten immer wieder Reparaturen und Umbauten.

Nach einem Brand 1815 musste der Turmhelm erneuert werden. Dabei wurde zu frisches Holz verwendet, das sich verzog und für die verdrehte Optik sorgte. Natürlich ranken sich darum verschiedene Legenden. Eine besagt, dass der Teufel in einem Wutanfall den Kirchturm so zugerichtet hat, weil er versucht hat, ihn zu entfernen, eine andere will wissen, dass sich der Turm erst begradigen wird, wenn eine Jungfrau in der Kirche heiratet.

Als der Kirchturm nach den Beschädigungen des Zweiten Weltkriegs renoviert wurde, hat man ihn absichtlich wieder verdreht hergestellt, weil die Bevölkerung sich dafür ausgesprochen hat.

Die Kirche ist dem Heiligen Lambertus geweiht, einem Märtyrer, der um 700 getötet wurde. In einem Schrein werden die Reliquien des Heiligen Apollinaris, das ist der Stadtpatron Düsseldorfs, aufbewahrt. Auch ist ein spätgotisches Sakramentshäuschen und das Renaissance-Grabmal Wilhelms des Reichen zu sehen.

Neben der Kirche befinden sich weitere Backsteingebäude und ein ruhiger kleiner Platz, auf der anderen Seite öffnet sich die Gasse zu einem Vorplatz zum Rhein hin.

Unser nächstes Ziel ist die Düsseldorfer Tonhalle und der Ehrenhof. Wir wenden uns also zunächst weiter rheinabwärts nach Norden. Die Tonhalle sieht gut aus, ein Rundbau mit Kuppel, heute ein Konzerthaus, das in seiner Geschichte auch schon andere Aufgaben erfüllt hat, nämlich die einer Mehrzweckhalle und eines Planetariums.

Der Ehrenhof liegt gleich daneben. Hier ist das Museum Kunstpalast mit zahlreichen und sehr unterschiedlichen Sammlungen untergebracht, weiters auch das NRW-Forum Kultur und Wirtschaft, das ebenfalls Ausstellungs- und Veranstaltungsräume besitzt. Die gebotenen Kunstschätze im Museum mögen interessant und vielfältig sein, aber das Gebäude-Ensemble ist es eher nicht. Es sieht hier irgendwie öd aus, was aber vielleicht an einer großen Baustelle mitten drin liegen mag.

Wir durchqueren das Gelände und gehen ein Stück durch den Hofgarten, eine große Parkanlage, von wo aus wir nun der Düsseldorfer Altstadt zustreben.

In einem Gasthaus - besser gesagt auf dem Gehsteig davor - trinken wir einen Kaffee mit Schlagobershäubchen. Die Leute drängen sich hier auf den sonnenbeschienen Plätzchen zusammen. Der Kaffee ist ausgezeichnet, und die Speisen, die an unseren Nasen vorbeigetragen werden, duften köstlich und sehen sehr gut aus. Da könnte man direkt Hunger kriegen! Es ist aber noch nicht die richtige Uhrzeit dafür.

Nun also ein kleiner Bummel durch die Altstadt! Wir kommen zum Marktplatz. Dort befindet sich das Alte Rathaus, und davor ist gerade eine Demonstration im Gange. In der Mitte des Platzes steht ein Reiterstandbild von Gabriel Grupello, es zeigt Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, von den damals niederfränkisch sprechenden Düsseldorfern Jan Wellem genannt.

Etwas weiter ist ein Straßenmusikant mit Violine am Werk. Ich erwarte nichts Gutes, denn zumeist hört sich das Gefiedel schrecklich an. Eines der abgedroschensten Stücke, das "Ave Maria" von Bach-Gounod, erklingt durch die engen, belebten Gassen. Aber, wenn ich aufmerksam hinhöre, ... nein es klingt überhaupt nicht schrecklich. Der Mann kann wirklich Violine spielen, er beherrscht sein Instrument, es quietscht nicht und es klingt nicht falsch.

Ich muss schön langsam über mich lachen. Irgendwie ist heute ein perfekter Tag. Es klappt alles wie am Schnürchen. Düsseldorf gefällt mir total gut. Ich bin zwar - nicht wie sonst - ziemlich schlecht vorbereitet auf diese Stadt, aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen, ist dieser Bummel heute so entspannt und angenehm. Ich habe in den letzten Stunden schon mehrmals "Du, hier gefällt's mir!" zu Gerhard gesagt. Und jetzt lässt Düsseldorf auch noch einen "wirklichen" Musiker für mich auf der Straße auftreten. Ich muss schon sagen ...

Jetzt fehlt uns noch die Königsallee in unserem Rundgang. Auf dem Weg dorthin machen wir aber noch einmal einen Schwenk zum Rheinufer. Ganz zufällig lernen wir hier wieder etwas Neues: Die südliche Düssel mündet in den Rhein, aber unterirdisch. Was natürlich die Frage aufwirft: Gibt es auch eine nördliche Düssel? Und was passiert mit ihr? ... Nun, wenn ich schon eine Frage stelle, dann auch die Antwort dazu (habe ich erst beim Erstellen der Reisegeschichte herausgefunden): Ja, es gibt sie, und sie fließt genauso unsichtbar, weil verrohrt, nur 100 Meter von der Südlichen Düssel entfernt, in den Rhein.

Ebenfalls zufällig kommen wir am Stahlhof vorbei. Dieses auffallende Gebäude wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet und zeigt deutlich, dass es repräsentativ und monumental zu wirken hatte. Heute ist darin der Sitz des Verwaltungsgerichtes.

Die Königsallee, kurz "Kö" genannt, ist ein Prachtboulevard zum Einkaufen (Typ Luxusgeschäfte), Schaufenstergucken und Flanieren. In der Mitte befindet sich der Stadtgraben, ein Wasserlauf, der von mehreren kleinen Brücken überspannt und von Bäumen gesäumt wird. Auf einer Bank machen wir eine kleine Pause. Wir sind schon ziemlich müde. Aber eigentlich würden wir noch gerne die Tritonengruppe sehen. Nur wissen wir nicht genau, wo sie sich befindet. Irgendwie bin ich auch schon nahe daran, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es mir ohnehin ganz egal ist, wenn ich sie nicht sehe.

Plötzlich stehen wir aber doch davor. Nun ... ich finde, die schaut ja wirklich überhaupt nicht schön aus. Die Figuren sind grob und häßlich, und ich weiß auch nicht, was das darstellen soll. Noch dazu turnt dort ein Mann mit einer riesigen Kamera herum. Von dort aus fotografiert er eine am Ufer stehende Frau. Manchmal schaut es verdammt knapp aus, ... so als ob er demnächst ausrutschen und im Wasser landen könnte. Nach einiger Zeit verschwindet er, und ich kann ein ungestörtes Foto dieses "Kunstwerks" machen.

Nun wird es Zeit, sich in Richtung Bahnhof zu bewegen. Es begegnet uns nochmals ein Straßenmusikant. Auch er spielt tadellos auf seiner Geige. Er hat sich ebenfalls ein "Ave Maria" ausgesucht, allerdings das von Franz Schubert. Auch wenn mir die Tritonengruppe nicht gefallen hat ... Düsseldorf hat meine uneingeschränkte Sympathie. War ein schöner Tag!

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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