Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Grenzland"

 

6. Tag:
Fähre Rhinau-Kappel, Bergheim (Torturm, Altstadt, Kirche, ehemalige Synagoge, Rathaus, Brunnen), Ribeauvillé/Rappoltsweiler (Tour des Bouchers/Metzgerturm, Quartier Pittoresque, Église St.Grégoire-le-Grand), Colmar (Cathédrale Saint-Martin/Martinsmünster, Maison Pfister, Koifhus, Fontaine Schwendi)

In der Früh ist alles verhangen, und es regnet noch immer leicht. Unser Plan ist heute, dass wir uns ein paar Orte in der Gegend um Colmar anschauen. Aber natürlich bremst das Wetter unsere Besichtungslust. Wir brechen aber dann doch auf in Richtung der deutsch-französischen Grenze. Durch Zufall kommen wir zu einem Übergang am Rhein, der keine Brücke ist, sondern das französische Ufer wird über eine Autofähre, und zwar zwischen Rhinau und Kappel, erreicht. Wir staunen nicht schlecht, als niemand kassieren kommt, bis wir drüben wieder an Land fahren. Die Fähre ist absolut kostenlos.

Als erstes fahren wir auf Sélestat (Schlettstadt) zu. Wir planen dort einen Rundgang in der Altstadt. Die Zufahrt zur Stadt finden wir leicht, aber die Abzweigung zur Altstadt und eine entsprechende Parkmöglichkeit haben wir leider übersehen, auf einmal bewegen wir uns, ohne es zu wollen wieder stadtauswärts. Wir denken uns dann, dass wir ja auf dem Rückweg noch mal hier vorbeikommen können. Dazu kommt es aber nicht mehr, denn der Tag wird ohnehin sehr gedrängt. Von diesem Ort gibt es daher nur ein aus dem fahrenden Auto geschossenes Foto eines Wasserturmes.

Wir fahren nun in Richtung Chateau du Haut-Koenigsbourg in der Hoffnung, dass das Wetter ein wenig besser wird. Schon von weitem sieht man die Burg, allerdings nur ganz schemenhaft mit Nebel verhangen. Wir fahren die relativ stark ansteigende Straße hinauf, parken in einer dafür vorgesehenen Zone am Straßenrand und gehen noch ein Stück zu Fuß weiter.

Von einer Besichtigung der Burg nehmen wir dann aber doch Abstand. Das Wetter ist zu grauslich dafür. Wir können weder den tollen Ausblick genießen, noch ist es recht lustig, bei Regen in dem weitläufigen Arreal dieser Burganlage herumzugehen. Also wieder den Berg hinunter. Wir werden diese Burg am nächsten Tag besuchen, das wissen wir aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Wir sind ein wenig unschlüssig, wie es weitergehen soll. So fahren wir einfach mal ein Stück weiter nach Süden, um kurzfristig zu entscheiden, wo wir die nächste Station machen. Ein Wegweiser Richtung Bergheim - gut, da fahren wir hin.

Bergheim liegt inmitten von ausgedehnten Weingärten in leicht hügeligem Gebiet an der Elsässer Weinstraße. In unmittelbarer Nähe des Stadttores, ein Torturm, wie es viele in dieser Gegend gibt, liegt ein Parkplatz. Im Moment regnet es auch nicht, also steht einem Rundgang nichts im Wege. Es ist ein sehr hübsches Städtchen. Durch den Torturm betreten wir die gepflasterte Hauptstraße, genaugenommen ein Gässchen. Es ist anzunehmen, dass es hier normalerweise sehr viel Touristen gibt, denn ein Gasthaus reiht sich an das nächste. Wir sind aber ziemlich alleine auf der kleinen Hauptstraße.

Vor einem etwas kleineren Lokal (Restaurant, Salon de Thé, Pâtisserie "La Mosaïque") machen wir halt. Wir sind nämlich ein wenig hungrig, und hier erscheint es uns gerade gemütlich, diesem Zustand Abhilfe zu schaffen. Das Restaurant ist innen sehr voll, es dürften aber großteils Einheimische sein, die hier essen. Wir haben jedenfalls keinen Platz darin. Vor dem Lokal ist eine Reihe von Tischen angeordnet, die von einer Markise überdacht sind. Dort lassen wir uns nieder. Die Leute, die gerade vom Essen aufstehen und weggehen, zeigen uns mit einer Handbewegung, dass es ihnen hier sehr gut geschmeckt hat.

Während wir dort sitzen, fängt es wieder zu regnen an und wir müssen mit den Sesseln näher zusammenrücken, damit wir nicht nass werden, außerdem ist es auch relativ kühl. Alles in allem ist es hier eigentlich nicht recht gemütlich, möchte man zumindest meinen. Aber manche Plätze entwickeln eine eigene Art von "Magie". Das hier ist so einer.

Gerhard und ich essen die in der Speisekarte als Spezialität des Hauses angeführten "Matafans". Sie schmecken köstlich, auch Michael ist mit seiner Auswahl sehr zufrieden. Wir trinken einen Hauswein dazu, der schmeckt mir so gut wie mir schon lange kein Wein mehr geschmeckt hat. Die Kellnerin ist besonders freundlich. Gerhard passiert es wieder, dass ihm ein paar italienische Worte zwischen das Französische rutschen. Sie erklärt uns daraufhin, dass sie zwar nicht Italienisch kann, aber italienische Vorfahren hat. Es gibt dann noch eine ausgezeichnete Nachspeise und einen Kaffee, und wir würden am liebsten nicht mehr aufstehen, sondern noch weiter hier sitzenbleiben und dem Regen zuschauen. Aber er hört auf, und so gehen wir wieder los.

Der Ort ist sehr klein. Der Rundgang führt uns an der leider verschlossenen Kirche und an einer früheren, jetzt als Veranstaltungszentrum verwendeten Synagoge vorbei. Auf dem Platz vor dem Rathaus (wir sind jetzt wieder ganz in der Nähe des zuerst besuchten Gasthauses) befindet sich ein über und über mit Blumen geschmückter Brunnen. Auch sonst sind alle Häuser und Gassen hübsch und gepflegt.

Die Straßenschilder sind wieder mal dazu da, Elsässisch zu lernen. Dass "Judagass" die Judengasse ist, ist ja noch leicht. Dass eine "Kerich" eine Kirche ist, hätte ich ohne Zusammenhang mit "Église" wahrscheinlich nicht verstanden. Ein "Fül" ist offensichtlich ein Ritter, aber dieses Wort entzieht sich einer weiteren sprachlichen Annäherung. Genauso muss "Strech" sowas wie ein Teich oder Tümpel sein. Die Straße des Herrn Bürgermeisters "Witzig" braucht wohl keine Übersetzung.

Als wir zurück durch den Torturm gehen, scheint sogar ein wenig die Sonne. Wir verlassen also das hübsche Bergheim und wenden uns dem nächsten Ort, Ribeauvillé (Rappoltsweier), ebenfalls an der Elsässer Weinstraße, zu.

Dort herrscht ein ganz anderes Flair. Wahrscheinlich liegt das aber zum Großteil daran, dass es nicht mehr regnet, sondern sogar meistens die Sonne zwischen den Wolken hervorkommt. Es sind sehr viele Leute unterwegs, und es wird gerade ein am Wochenende stattfindendes alljährliches Fest (immer am ersten Sonntag im September), und zwar der Pfifferdaj (Jour des Fifres, Pfeifertag) vorbereitet. Überall wird am Aufbau von Zuschauertribünen gearbeitet. Dieses Brauchtum hängt mit dem im Mittelalter zuerst rechtlosen und später den Lehensherren unterstellten fahrenden Volk zusammen (Pfeiferrecht). In dieser Gegend war der Herrscher von Ribeauvillé der zuständige Lehensherr.

Ribeauvillé ist sehr fotogen, die vielen schönen Fachwerkhäuser, der Blumen- und Fähnchenschmuck, die schmalen Gässchen, die vielen Geschäfte mit den regional typischen Produkten, die Gasthäuser und die Souvenirläden, ... wirklich schön anzusehen und voller Leben! Außerdem hängt ein verführerischer Duft von Mandeln, Kokos und anderen Süßigkeiten in der Luft.

Der Tour des Bouchers (Metzgerturm) ist ein mittelalterlicher Torturm, der auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. Ein Schild weist uns darauf hin, dass wir nun in das "Quartier Pittoresque" kommen. Aha....., ich finde allerdings, es war bisher schon ziemlich malerisch. Wir gehen nun durch viele verwinkelte Gässchen.

Ribeauvillé ist von Weinbergen und Hügeln, manche davon mit Burgen, umgeben. Auf einem der Fotos kann man eine dieser Burgen, die Ulrichsburg, in der Ferne zwischen den Häuserzeilen erkennen.

Es biegt dann eine Gasse ab, die leicht ansteigt. Über einen kleinen Platz führt sie zur gotischen Église St.Grégoire-le-Grand. In einem kleinen Bogen gehen wir anschließend zu unserem Auto zurück.

Für heute steht noch die etwas weiter südlich liegende Stadt Colmar auf dem Programm. Das Wetter ist inzwischen teilweise wieder mehr bewölkt und da Ende August auch schon wieder die Tage deutlich kürzer werden, ist es beim Fotografieren leider schon ein wenig zu duster. Dabei hat auch Colmar eine sehr hübsche Altstadt.

Unser erstes Ziel ist die Cathédrale Saint-Martin (Martinsmünster). Dieses wurde im gotischen Stil auf den romanischen Fundamenten einer Vorgängerkirche erbaut. Der auffallendste Teil an dieser Kirche ist für mich der Glockenturm. Er schaut irgendwie "abgeschnitten" und "ungotisch" aus. Das hat auch seinen Grund: Der obere Teil, der nach einem Turmbrand neu aufgesetzt wurde, stammt aus der Renaissance. Die massiven senkrechten Stützpfeiler an der Fassade sorgen dafür, dass die ganze Kirche eher festungsartig wirkt.

Das Innere dieses Gotteshauses empfinde ich als sehr stimmungsvoll und einheitlich in der Raumwirkung. In einer Nebenkapelle gibt es eine fast lebensgroße Darstellung des letzten Abendmahles. Eigenartig wirken die ziemlich schmal gehaltenen geflochtenen Sessel anstatt eines Chorgestühls. Recht bequem können die Gläubigen hier nicht sitzen, denke ich mir.

Wir bummeln dann noch ausgiebig durch die Altstadt von Colmar. Viele schöne Bürgerhäuser aus dem Mittelalter und der Renaissance sind hier zu sehen. Namentlich erwähnt sei hier nur das Maison Pfister, das Haus eines wohlhabenden Hutmachers und das Koifhus (Kaufhaus). Unmittelbar davor befindet sich die Fontaine Schwendi. Lazarus Schwendi lebte im 16. Jahrhundert, er war Diplomat, Staatsmann und kaiserlicher General.

In dieser hübschen Stadt gäbe es noch viel, viel mehr zu sehen. Aber vielleicht komme ich ja auch wieder mal in diese Gegend, dann kann ich das alles nachholen.

In der Nähe des Rathauses von Colmar treffen wir auf einen mehrarmigen "Wegweiser". In alle Himmelsrichtungen weisen die Pfeile und geben an, wie weit entfernt gewisse Städte auf dieser Erde von hier sind: circa 1000 km östlich Györ, mehr als 2.200 km östlich Moskau, gut 8.300 km westlich Washington, fast 6.300 km westlich Princeton, mehr als 1.300 km nördlich Oslo, fast 8.500 km südlich Johannesburg, usw.

Wir kaufen uns in einem Supermarkt noch französischen Käse, Weißbrot und eine Flasche Wein. Außerdem lacht uns in der Bäckerei auch noch ein sehr "schokoladiger" Kuchen an. Den gibt es dann später noch als Nachspeise.

Natürlich wissen wir was "sauf bus" übersetzt bedeutet, .... aber lustig finden wir es trotzdem, so wie es da steht.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

zurück zu "5. Tag"        zurück zur Übersicht "Grenzland"        weiter zu "7. Tag"        

nach oben

 

Startseite
Aquarellmalerei
Fotografieren
Musik
Elefanten
Tanzen
Reisegeschichten
Über mich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

www.frisolda.at/index.html 

Impressum
E-Mail

© 2013 Gerhard Buchegger r