Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Grenzland"

 

2. Tag:
Gengenbach (Altstadt, Obertor, Schwedentor, Färberhaus, Röhr-Brunnen, Rathaus, Niggelturm, Kinzigtor, Stadtkirche St. Marien), Allerheiligen (Wasserfälle, Klosterruine), Ottersweier

Wir wollten eigentlich auf dem hübschen Balkon unserer Ferienwohnung frühstücken, aber es ist uns doch noch zu kühl am Morgen. Es herbstelt schon, und außerdem ist ein Wetterumschwung angekündigt. Die Hitze ist offensichtlich vorbei.

Um circa 10 Uhr brechen wir auf. Für heute steht Freiburg auf dem Programm. Wir schauen uns zwar vor dem Losfahren die Strecke auf der Karte an, die kürzeste Route führt auf Nebenstraßen von Schuttertal nach dem Süden. Aber an einer der Gabelungen sind wir falsch abgebogen. Auf einmal bewegen wir uns eher wieder in nördliche Richtung. Also gut, wieder zurück zu fahren hat auch keinen Sinn. So wird der Plan geändert. Wir sind ja schließlich flexibel.

Wir fahren nach Gengenbach im Kinzigtal und finden dort einen sehr bequemen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Zugangs zur Kirche St. Marien und zum ehemaligen Benediktiner-Kloster. Im Klostergarten, der als Kräuter-Garten eingerichtet ist, sind viele Leute, denn es ist gerade vorher ein Bus mit Touristen angekommen.

In der Kirche ist außerdem zur Zeit eine Messe im Gange, es ist ja Sonntag. Wir beschließen deswegen, als erstes den Ort zu besichtigen und durchqueren den Kirchhof und den auf der anderen Seite der Kirche liegenden Park in Richtung Altstadt.

Gengenbach ist hübsch und gepflegt, hat besonders viel Blumenschmuck, alles ist sehr ordentlich und liebevoll hergerichtet. Was aber dabei besonders bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass es trotzdem nicht wie ein Museum wirkt. Man merkt, dass hier die Leute auch wohnen und arbeiten.

Die Autos in den Straßen stören mich zwar beim Fotografieren, aber andererseits empfinde ich sie als positiv, hier existiert Alt und Neu friedlich nebeneinander. Und das "Alt" stammt noch dazu aus verschiedenen Epochen.

Die bunten "Werbe"-Kühe fallen mir natürlich gleich auf. Darum müssen auch ein paar davon fotografiert werden.

Es sind viele Touristen hier. Ich höre auch welche italienisch und spanisch sprechen. Wir gehen die Straße entlang bis zum Obertor. Es stammt wie der Schwedenturm, das Kinzigtor und der Niggelturm aus der mittelalterlichen Stadtbefestigung.

Wir biegen in ein kleines Gässchen ab und gehen vorbei an blitzsauberen Fachwerkhäusern. Alles ist üppig begrünt, es gibt nicht nur Blumen an den Fenstern, auch vor den Hauseingängen stehen Pflanzentröge. An den Mauern rankt sich Grünes, hinter den Fenstern sind hübsche Vorhänge. Hier sind überhaupt keine Leute unterwegs. Nur eine rothaarige Tiger-Katze geht gerade spazieren. Es ist richtig idyllisch.

Wir kommen zum Schwedenturm und zum Färberhaus. Auf dem kleinen Platz davor befindet sich ein Brunnen. Auch hier ist es ganz ruhig und malerisch. Leider hat sich die Sonne hinter den Wolken verkrochen. Das hat meinen Fotos nicht sehr gutgetan. Aber wenigstens regnet es nicht, und es ist auch noch angenehm warm.

Wir wenden uns dann wieder dem belebteren Teil des Ortes zu und gehen die Hauptstraße entlang bis zum Platz. Dort befindet sich der Röhr-Brunnen, darauf eine Rittergestalt mit dem Stadtwappen und den Reichsstadt-Privilegien in seiner Hand. Im Palais Löwenberg, einem Patrizierhaus aus dem 18. Jahrhundert, heute ein Museum, wird die Originalstatue aufbewahrt. Ein Stück daneben befindet sich das Kauf- und Kornhaus mit seinem Renaissanceportal. Das Rathaus stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und steht stilistisch am Übergang vom Rokoko zum Klassizismus.

Von diesem Platz weg zweigen zwei Straßen ab, die eine führt zum Niggelturm, wo das Narrenmuseum untergebracht ist, die andere zum Kinzigtor.

Wir machen uns nun auf den Weg zurück zur Kirche und zum ehemaligen Kloster. Zwischen Altstadt und Abteigebäude befindet sich ein kleiner Park mit einem Wasserlauf und einem Brunnenbecken. Hier gibt es auch noch eine rekonstruierte Klostermühle, die haben wir aber nicht gesehen.

Das Kloster wurde im 8. Jahrhundert von den Benediktinern gegründet und hatte den Status einer Reichsabtei. Anfang des 19. Jahrhundert wurde es aufgelassen, und die Gebäude gingen in den Besitz der Stadt über. Heute befinden sich dort einige Fakultäten der Offenburger Fachhochschule.

Die Kirche ist ursprünglich eine romanische Kreuzbasilika aus der ersten Hälfte des 12.Jahrhunderts und eine der ältesten Kirchen dieser Gegend. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg Ende des 17. Jahrhunderts total ausgebrannt, wurde sie Anfang des 18. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Sie erhielt ihren barocken Kirchturm und wurde auch innen barockisiert, was aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder rückgängig gemacht wurde. Zur gleichen Zeit wurden die Bemalungen im Kircheninneren angebracht.

Diese Bemalungen sind es auch, die die Kirche meiner Meinung nach so besonders machen. Diese Fülle von Farben und Figuren und Mustern ist für mich faszinierend. Vielleicht ist das alles gar nicht so künstlerisch wertvoll und erst mal 100 Jahre jung, aber es wirkt.

Wir durchqueren dann nochmals den Innenhof des Klosters und den Kräutergarten und gehen zurück zu unserem Auto.

Wir sind mittlerweile ziemlich hungrig geworden. Unsere nächste Station sind die Wasserfälle in Allerheiligen und die dortige Klosterruine. Auf dem Weg dahin wollen wir ein Gasthaus suchen. Oppenau scheint uns dafür ein geeigneter Ort zu sein.

Doch dort ist ein ziemlicher Andrang. Teile des Ortskerns sind abgesperrt. Überall stehen Tische und Bänke vor den Gasthäusern. Es gibt eine Menge Getränke- und Imbiss-Standeln. Das Dorffest ist in vollem Gange. Wir wären mit allem zufrieden gewesen, einem Tisch in einem Restaurant oder in einem dazugehörigen Gastgarten, auch mit einem kleinen Plätzchen auf einer unbequemen Bierbank in der Nähe einer Imbiss-Bude. Aber es ist alles so überfüllt, dass wir mit knurrendem Magen wieder zu unserem Auto zurückgehen.

Die Tankanzeige gibt an, dass auch unser Auto durstig ist. Wir müssen also vorsichtshalber noch eine Tankstelle suchen, bevor wir uns wieder aus bewohntem Gebiet entfernen. Dann fahren wir weiter Richtung Allerheiligen. Etwas außerhalb von Oppenau, wir fahren gerade auf einer kurvigen Straße leicht bergauf in ein Tal hinein, sehen wir einen Wegweiser zu einem Gasthaus (Gasthof Blume, Oppenau-Lierbach). Wir finden Platz in einem sehr gemütlichen Gastgarten. Als wir uns dort niederlassen, erfahren wir als erstes, dass es heute nur eine eingeschränkte Speisekarte gibt, da der Großteil der Belegschaft beim Dorffest in Oppenau beschäftigt ist. Wir fühlen uns leicht "verfolgt".

Aber es gibt dann doch genug Auswahl, und wir sind zufrieden mit unserer Mahlzeit. An einem Nebentisch sitzt eine Familie mit drei Generationen. Der Vater bzw.Großvater spricht mit der Kellnerin und der Wirtin im hiesigen Dialekt, untereinander reden alle französisch. Die Wasserhähne in der Damentoilette sind mit "Chaud" und "Froid" beschriftet. Frankreich ist hier eben schon sehr nahe.

Nun also zu unserem nächsten Ziel: Die Wasserfälle in Allerheiligen. Gleich zum Start des Fußweges werden wir darauf hingewiesen, dass wir 232 Stufen hinansteigen müssen, bis wir oben sind. Von dort aus könnte man dann auch gleich auf einem Wanderweg zur Klosterruine weitergehen. Was für uns nicht recht sinnvoll ist, denn wir müssen den gleichen Weg wieder retour gehen, da wir ja zum Auto zurück müssen. Die Wasserfälle scheinen auch nicht wirklich sehr spektakulär zu sein. So drehen wir nach 157 Stufen wieder um und fahren mit dem Auto weiter.

Die Klosterruine Allerheiligen ist ausgesprochen attraktiv und fotogen. Ich fühle mich irgendwie nach Schottland versetzt, zumindest stelle ich es mir so vor, ich war ja noch nie dort. Es müsste nur ein wenig nebelig feucht sein, nicht so viel Touristen dürften herumlaufen und es sollte rundherum nicht so viel "Zivilisation" geben. Die Ruine steht nämlich in unmittelbarer Nähe von bewohnten Gebäuden der Jetzt-Zeit. Das schmälert die Gesamtwirkung drastisch.

Das Kloster Allerheiligen wurde im 12. Jahrhundert gegründet und Anfang des 19. Jahrhunderts säkularisiert. Daraufhin waren die Gebäude dem Verfall preisgegeben. Erst später wurden die Ruinen als touristische Attraktion entdeckt.

Wir fahren von Allerheiligen weg noch ein Stück weiter Richtung Norden und befinden uns dann auf der Schwarzwaldhochstraße, die von Freudenstadt nach Baden-Baden führt und eine der ältesten und wichtigsten Touristenstraßen Deutschlands ist. Und das merkt man auch. Es wimmelt von verrückten Motorradfahrern und Radfahrern auf dieser extrem kurvenreichen Strecke mit vielen Höhenunterschieden. Man kann direkt Angst bekommen, dass einem einer davon beim Entgegenkommen ins Auto schlittert.

Wir wollten eigentlich noch den Mummelsee besuchen, da er im Reiseführer als landschaftlich sehr schön gelegen beschrieben wird. Aber als wir in unmittelbare Nähe kommen, sehen wir Unmengen von geparkten Bussen, Autoschlangen, und Menschen in Rudeln. Also das müssen wir wirklich nicht haben. So schön kann es dort gar nicht sein. Wir haben nun genug von Tourismus und Zweirad-Fans und suchen den schnellsten Weg wieder hinunter ins Tal und heimwärts. Unten ist es auf einmal wieder bretteleben. Gerhard ist schon ziemlich müde, wir haben heute schon sehr viele Kilometer heruntergeradelt, und das nicht gerade auf angenehm zu fahrenden Straßen.

Wir machen noch eine kleine Rast in Ottersweier. Die Wahl fällt zufällig auf diesen Ort, wir sind durchgefahren und die Kirche ist uns als ziemlich beherrschend aufgefallen. Gerhard ist froh über eine kleine Verschnaufpause nach dem bergigen Automarathon. Bei der Kirche dürfte es sich um ein neugotisches Gotteshaus handeln. Von Ottersweier aus fahren wir dann zielstrebig und ohne Aufenthalt zurück in unsere Ferienwohnung.

Am Abend gibt es noch ein gemütliches Abendessen auf dem Balkon, aber es wird bald kühl. In der Nacht geht ein starkes Unwetter über dem Gebiet nieder. Es blitzt und donnert und regnet wie aus Schaffeln. Das geht die ganze Nacht so durch.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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