"Rom für Anfänger"
5. Tag: Santa Maria degli Angeli e dei
Martiri, San Paolo entro le Mura, Mercati Traianei, Colonna
Traiana, Piazza Venezia, Monumento Nazionale a Vittorio Emanuele
II, Fori Imperiali, San Pietro in Vincoli, San Alfonso, Santa
Maria Maggiore, Mittagsimbiss, Bankerlsitzen und
Auf-den-Zug-Warten
Nach dem Frühstück werden die Koffer
gepackt, denn heute am Abend geht es nach Hause zurück.
Unser Zug geht erst um 19 Uhr, aber wir können unsere Koffer
bis zum Abend im Hotel lassen. Wir sind also in dieser Beziehung
noch unbelastet und haben noch viel Zeit für
Sehenswürdigkeiten, es gibt ja auch noch genug. Später
wird sich noch herausstellen, dass wir aber nicht mehr genug
Schwung haben für ein ausgiebiges Besichtigungsprogramm. Ich
spüre schon deutlich, dass die letzten Tage sehr anstrengend
waren.
Wir
besuchen zuerst die Kirche Santa Maria degli Angeli e dei
Martiri. Vor der sind wir schon am ersten Tag gestanden. Das war
dort, wo so viel Polizei und Militär war und alles
abgesperrt. Von außen denkt man, dass sie klein sein muss,
denn sie hat überhaupt keine Fassade im herkömmlichen
Sinn, sondern die Tore sind in der Mauer des Gebäudekomplexes
der Diokletiansthermen eingelassen. Aber das ist falsch
geschlossen. Sie ist ziemlich groß und mit ihrer
Farbkomposition aus Rosa und Creme sehr repräsentativ.
Michelangelo begann ein Jahr vor seinem Tod mit dem Umbau der
Thermenreste in eine Kirche. Längs- und Querschiff hätten
gleich lang werden sollen, in Wirklichkeit ist aber nun das
Querschiff länger, das macht einen ungewöhnlichen
Eindruck.
Wir
gehen dann über die Piazza della Republica und folgen der
Via Nazionale. Zufällig gehen wir an der Kirche San Paolo
entro le Mura vorbei (Sankt Paul in den Mauern), sie gehört
der Anglikanischen Kirche Roms. Von der lauten Hauptstraße
weg geht man zuerst seitlich in ein kleines Gärtchen mit
viel Grün und erst von dort aus in die Kirche hinein. Ich
habe leider kein besseres Foto, aber ganz weglassen möchte
ich es auch nicht, die Kirche gefällt mir nämlich sehr
gut.
Wir
kommen dann an den Mercati Traianei vorbei. Hier wurden alte
Mauern mit viel Glas kombiniert und ein Museum eingerichtet.
Nach Museum steht uns der Sinn heute aber überhaupt nicht
mehr. Wir gehen nur kurz in die Vorhalle und werden dort ohnehin
gleich von ticket-fordernden Ordnern zurückgedrängt.Dabei
wollte ich nur ein wenig schauen.
Über eine Stiege tritt man dann, optisch
nicht besonders ansprechend weil schon wieder eine Baustelle,
direkt neben der Colonna Traiani auf die Piazza Venezia. Das
Monumento Nazionale beherrscht bereits das Bild. Auf der reich
bebilderten Säule steht natürlich nicht der Trajan,
sondern der Heilige Petrus, in Rom ist man diese Mischung ja
schon gewohnt. Im Trajansforum sind die Säulen in Reih und
Glied aufgestellt, ob die wirklich so dort gestanden haben?
Manchmal wird schon auch die Fantasie beim Aufbauen der alten
Trümmer mitgespielt haben, diesen Verdacht hege ich
allerdings schon länger.
Wir wenden uns nun dem Monumento Nazionale a
Vittorio Emanuele II zu, ein langer Name für ein klotziges,
in weiten Teilen Roms sichtbares, und dabei immer optisch
unpassendes Nationaldenkmal. Angeblich sagen die Römer
abfällige Worte dazu, z.B. Schreibmaschine, Hochzeitstorte
oder sogar Klappergebiss. Das wundert mich wenig. Dass derzeit
auch noch der gesamte Mittelteil großflächig hinter
einer Restaurierungsplane zugedeckt ist, stört kaum mehr.
Auf der Piazza davor, wo der Autoverkehr unaufhörlich
dahinflutet, werden zur Zeit Ausgrabungen durchgeführt.
Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen,
die Stufen hinaufzupilgern. Man hat von dort oben einen schönen
Blick über Rom, sowohl über die Gebäude,
Kirchenkuppeln und Straßen der Altstadt hinüber bis
San Pietro als auch über die Kaiserforen bis zum Kolosseum.
Und man muss zugeben, das Monument ermöglicht durchaus
wirkungsvolle fotografische Aus- und Detailblicke. In seiner
ganzen Größe kann man es hier nicht bewundern, ich
habe Fotos gewählt, auf denen keine Gerüste etc. zu
sehen sind, das war nicht ganz einfach.
Da sich hier auch das Grabmal des unbekannten
Soldaten befindet, ist dieser Ort entsprechend zu würdigen.
Es wird hier Wache gestanden, und es gibt auch einen ganz
wichtigen Aufpasser, der immer pfeift, wenn jemand etwas
Verbotenes macht, zum Beispiel sich auf die Stufen zu setzen oder
womöglich sogar zu essen. Das darf natürlich nicht
sein.
Nun ist Ausrasten angesagt, da wir heute ohnehin
nicht mehr sehr eifrig sind und die Sonne schön scheint,
setzen wir uns auf ein Bankerl an der Via dei Fori Imperiali, das
Monumento in unserem Rücken, und tun "Leute-Schauen",
ein Vergnügen, das
in so einem Besichtigungsurlaub leider nur sehr wenig stattfinden
kann. Ich bewundere die jungen Frauen, vor allem sind es
Asiatinnen, mit ihren hochhackigen Stiefeln, ich könnte mit
sowas überhaupt nicht gehen und schon gar nicht auf diesem
Pflaster und mit besichtigungsmüden Beinen, sensationell!
Es kommen auch ein paar Radfahrer vorbei, aber
die sind eher selten in Rom. Dafür auch hier die Motorroller
in Scharen! Ich versuche diesen Eindruck der zweirädrigen,
rollenden Armada auf ein Foto zu bannen, was leider überhaupt
nicht gelingt. Der Vorgang ist immer gleich: An der Ampel bleiben
die Autos und Roller natürlich stehen, wenn diese auf Rot
schaltet, die Autos
reihen sich hintereinander auf, die Motorroller aber schlängeln
sich durch bis an die vorderste Linie und pflanzen sich bis zur
Grünphase in einer Reihe vor den Autos auf. Das können
bis zu 10 oder 12 werden. Wenn es dann Grün wird, knattern
sie alle gemeinsam gleichzeitig los, den Blick stur nach vorne
gerichtet, das Ziel klar vor Augen. Dass die Straße extrem
uneben ist, verstärkt die Wirkung dieses Schauspiels
zusätzlich. Das Foto hier ist allerdings nur ein matter
Abklatsch.
Dann machen wir uns wieder auf den Weg. Wir gehen
die Via dei Fori Imperiali entlang in Richtung Colosseo und
begegnen dort dem Gaius Julius Caesar, auch er hat in diesem
Gebiet "sein" Forum, genauso wie Augustus, Nerva,
Vespasian und Trajan, an letzterem sind wir ja schon
vorbeigekommen. Die Fori Imperiali wurden angelegt, weil das
Forum Romanum schon zu klein geworden
war und sind nach den Herrschern benannt, die sie errichten haben
lassen. Viel davon wurde aber durch die von Mussolini als
Aufmarschweg angelegte Straße zerstört.
Unser nächstes Ziel ist San Pietro in
Vincoli (Sankt Peter in Fesseln). Dort sind die Ketten zu sehen,
mit denen Petrus in Jerusalem im Gefängnis gefesselt gewesen
sein soll. Das Hauptinteresse bei dieser Kirche liegt aber bei
der berühmten Moses-Statue von Michelangelo. Was wir leider
nicht bedacht haben: Die Kirche ist um die Mittagszeit
geschlossen. Wir hätten über eine Stunde warten müssen.
Oder später wiederkommen? Zeit haben wir ja genug. Vor der
Tür gibt es ein großes Poster der Statue zu sehen. Das
muss genügen, sage ich mir! Nichts und niemand auf der Welt
können mich heute noch bewegen, hier nochmals
zurückzulatschen. Ich bin froh, dass meine Männer das
auch so sehen.
Wir
gehen durch die Parkanlagen des Esquilino, dort scheint ein
beliebter Mittagsrastpunkt für Straßenhändler
usw. zu sein, und nehmen Kurs auf die Via Merulana, an deren
Endpunkt sich die vierte Patriarchalsbasilika Santa Maria
Maggiore befindet. Vorher besuchen wir aber noch San Alfonso,
eine relativ kleine aber sehr hübsche Kirche. Das ist zudem
eine "lebende" Kirche. Es sind einige Leute drinnen,
die beten, am Altar brennen Kerzen und es gibt frische Blumen.
Ich habe hier plötzlich ein ganz anderes Gefühl. Ich
habe in Rom viele wunderschöne, kunstvolle, prachtstrotzende
Kirchen in monumentalen Ausmaßen gesehen, das war toll und
beeindruckend, aber es waren alle eigentlich nur "Museen".
Nun aber zu unserem letzten wichtigen
Programmpunkt. Die Santa Maria Maggiore ist auf jeden Fall eine
Besichtigung wert. Von außen ist sie sehr wirkungsvoll.
Dass wir drinnen dann nicht mehr wirklich in Begeisterung
ausbrechen, liegt - glaube ich - nicht an der Kirche, sondern an
unserer Aufbruchstimmung und dass wir halt einfach schon sehr,
sehr viele Kirchen gesehen haben. Ich habe mich auch gestern im
Lateran schon so gefühlt. Sehenswert sind hier besonders die
schönen Mosaiken in der Apsis, am Triumphbogen und entlang
des Kirchenschiffes, außerdem die Bodenmosaiken, die reich
verzierte Decke und die knieende, recht lebensecht wirkende
Papst-Statue in der Confessio. Schrecklich finde ich das
Rundfenster über dem Eingang, es passt zur Kirche wie die
"Faust aufs Aug". Wir gehen dann noch außen um
die Kirche herum. Von dieser Seite aus ist nicht unbedingt gleich
erkennbar, dass man vor einer Kirche steht, es könnte auch
ein Profanbau sein.
Wir befinden uns nun schon nahe am Bahnhof
Termini, nicht nur geografisch, wir fühlen uns auch schon
abreisebereit. Es ist aber erst früher Nachmittag. Wir
müssen natürlich vorher noch ins Hotel, um unsere
Koffer zu holen, aber die Zeit dafür reicht locker aus,
genaugenommen ist sie viel zu viel. Wir haben auch noch Hunger,
aber auch das wird nicht nachmittagsfüllend sein. Und wir
haben müde Füße und einen müden Geist, das
verhindert, noch irgendwelche Ziele ins Auge zufassen. Nicht dass
es nichts mehr gibt, aber es freut uns nicht mehr.
Im Viertel zwischen Santa Maria Maggiore und
Termini fühle ich mich nicht recht wohl. Ein Drogensüchtiger
bequatscht uns und wird zudringlich. Wir landen dann bei
McDonalds neben dem Bahnhof, aber auch hier kommt kein so richtig
sicheres Gefühl
auf. Es wurlt und wimmelt von Menschen, die für mich
potentielle Geldtascherlwegnehmer sind, aber wahrscheinlich
stimmt das gar nicht. Am Tisch gegenüber sitzen zwei
französisch sprechende junge Männer. Bevor sie
anfangen, ihre Burger zu verspeisen und das Cola zu trinken,
machen Sie gemeinsam das Kreuzzeichen und beten. In dieser
Umgebung mutet das wirklich eigenartig, möchte fast sagen
komisch an.
Fast-food-mäßig gestärkt begeben
wir uns in weitem Bogen auf den Rückweg zum Hotel. Bei der
Nationalbibliothek finden wir ein Sonnenbankerl, wo wir noch
einige Zeit herumlungern. Auch hier gibt es Leute zu beobachten,
in erster Linie sind es Studenten, aber es gibt auch ein paar
ältere Damen, die offensichtlich hier etwas zu tun haben und
außerdem eine Katze auf Mäusefang. Die nachmittägliche
Sonne hat jedoch sehr bald schon zuwenig Kraft, darum wird es
hier auch schnell ungemütlich. Also zurück ins Hotel
und den "kofferbeschwerten" Weg zum Bahnhof antreten!
Wir wollten ursprünglich mit dem Taxi fahren, aber da wir
noch so viel Zeit haben, ist das ziemlich sinnlos. Ich freue mich
schon auf zu Hause.
Die
kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken,
um ein größeres Foto betrachten zu können.
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