Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Toskana, erste Auflage"

 

2. Tag:
Chiesa di Orsanmichele, Palazzo Davanzati, Mercato di San Lorenzo, Basilica di San Lorenzo, Cappelle Medicee, Palazzo Medici-Riccardi, Galleria dell' Accademia dell' Arte del Disegno, Ospedale degli Innocenti, Basilica della Santissima Annunziata, Cimitero degli Inglese, Tempio Maggiore Israelitico, Mercato di Sant' Ambrogio, Casa Buonarroti, Galleria degli Uffizi, Piazza della Repubblica, Palazzo Strozzi, Basilica di Santa Maria Novella, Parrocchia dei Santi Michele e Gaetano

Das Frühstück im Hotel ist reichhaltig und ganz in Ordnung. Zu Begeisterungsstürmen reißt es uns nicht hin, aber es gibt genügend Auswahl an Schinken, Käse, Gebäck, Süßem, Säften, Tee und Kaffee. Der Toaster hat es in sich. Wir beobachten eine Zeitlang belustigt, welche Schwierigkeiten er ein paar Hotelgästen bereitet. Die Scheiben werden in das Gerät eingeworfen und sollen an einer anderen Stelle wieder getoastet zum Vorschein kommen. Ist das Auffangtablett nicht in der richtigen Stellung, verschwindet der Toast auf Nimmerwiedersehen irgendwo im Hintergrund. Man kann immer wieder einen reinfüttern, es kommt keiner heraus.

Gestärkt machen wir uns dann auf den Weg. Wir haben einen langen Florenz-Tag vor uns. Wir müssen viel unterbringen, denn für den nächsten Tag haben wir einen Ausflug nach Pisa geplant. Zusätzlich liebäugeln wir mit einem Ausflug nach Siena am übernächsten Tag. Das bedeutet, dass dann nachher nur mehr ein Tag (der Abreisetag) für die restlichen Besichtigungen in Florenz zur Verfügung steht. Wir müssen dafür einige Streichungen im Programm (vor allem Museen, das fällt uns aber nicht sonderlich schwer) in Kauf nehmen, denn die Chance, noch zwei andere Städte zu sehen, wollen wir uns nicht entgehen lassen.

Als erstes steht die Chiesa di Orsanmichele auf dem Programm. Das ist ein interessanter Bau aus dem 14. Jahrhundert. Er wurde nämlich nicht als Kirche errichtet, sondern als Getreidespeicher. Mit einer Überführung ist die Kirche mit dem Palazzo della Lana, dem ehemaligen Sitz der Wollweberzunft verbunden. Die Umwandlung in ein Gotteshaus erfolgte zum Ende des 14. Jahrhunderts. Dieser Umstand macht mich neugierig. Von außen sieht das Gebäude wie ein Palazzo aus. Im Inneren wirkt dieser "unkirchenhafte" Raum wirklich großartig. Ich bin total begeistert.

Man muss hier keinen Eintritt zahlen, außer man besucht das im Obergeschoß eingerichtete Museum. Aber dafür wird man darauf hingewiesen, dass man nicht fotografieren darf. Und hier wird das auch strengstens kontrolliert. Es gibt einen Aufpasser in dieser Kirche. Der hat effektiv Stress! Und er macht den Leuten, die das Fotografierverbot umgehen wollen auch Stress. Ich möchte fotografieren, mein Sohn möchte fotografieren, und ich schätze, dass noch drei oder vier andere Personen mit gezücktem Fotoapparat auf ihre Chance warten. Dieser Mann ist aber überall gleichzeitig. Kaum hat man sich hinter einer Säule versteckt, hat man ihn auch schon wieder im Rücken und er herrscht einem unfreundlich an "No photos!". Könnte man nur kurz abdrücken, würde es gehen, aber man muss ja irgendwo aufstützen, denn das Licht ist nicht so besonders gut in dieser Kirche. Ich versuche es immer wieder, und immer wieder taucht er vor mir auf oder wirft seinen strengen Blick quer durch die ganze Kirche aus dem gegenüberliegenden Eck.

Dann auf einmal passiert etwas Unerwartetes. Sein Handy läutet. Er verlässt die Kirche. Und draußen telefoniert er ganz intensiv, aufgrund seines Gesichtsausdruckes und seiner Gestik würde ich schließen ... mit einer jungen Dame. Wenig später taucht diese auch wirklich auf. Und es ist ihm nun ganz egal, was die Fotografen da drinnen in seiner Kirche machen. Wir können alle unbehelligt fotografieren, so viel wir wollen. Als wir die Kirche verlassen, steht er noch immer mit der Dame auf der Straße und flirtet.

Was jetzt natürlich schon blöd ist: Unsere Fotos sind trotzdem nicht wirklich gut geworden, ich habe Mühe für diesen Reisebericht ein halbwegs scharfes Foto zu finden. Das ist schade, denn es ist ein wirklich wunderschönes Gotteshaus, gerade weil der Raum so ungewöhnlich für eine Kirche ist.

Nicht weit davon entfernt befindet sich der Palazzo Davanzati mit seiner prächtigen Fassade. Der wird im Moment gerade renoviert und das Museum neu adaptiert. Das sieht man von außen zwar nicht, aber Im Foyer ist eine provisorische Ausstellung untergebracht. Es sollen auch noch andere Bereiche frei zugänglich sein, aber wir haben es nicht ausprobiert.

Wieder ein Stück weiter des Weges sticht mir erneut die in Reih und Glied angeordnete Reihe der Motorroller ins Auge. Aber da steht einer verkehrt herum, das ist ja Anarchie!

Unser nächstes Ziel ist die Gegend um San Lorenzo. Das ist eines der ältesten Marktviertel in Florenz. Die größte Lebensmittelhalle der Stadt befindet sich hier. Rund um die Basilica di San Lorenzo erstreckt sich außerdem ein Touristenmarkt, wo man Taschen, Schuhe, Tücher, T-Shirts und alles Mögliche und Unmögliche erstehen kann. Mit "unmöglich" meine ich zum Beispiel, eine Portion "Trippe" zu kaufen. Das sind Kutteln. Ich möchte sowas um alles in der Welt nicht essen, auch nicht kosten müssen. Ich bin zwar ein Genießer der italienischen Küche und für Spezialitäten daraus, die ich noch nicht kenne, immer zu haben, aber das ... nein! Gerhard überlegt kurz, aber dann hat ihn mein zauderliches Gesicht auch davon abgehalten.

San Lorenzo ist eine der ältesten Kirchen in Florenz. Sie geht zurück auf das 4. Jahrhundert. Lange Zeit war sie die Pfarrkirche der Medici und die Kathedrale der Stadt, bevor sie in dieser Eigenschaft von dem Vorgängerbau des Duomo abgelöst wurde. Der romanische Bau wurde im 15. Jahrhundert erneuert, die Medici beauftragten zunächst Brunelleschi mit einem Erweiterungsbau, der heutigen Sagrestia Vecchia (der Alten Sakristei) und dann mit einer Erneuerung des Langschiffes. Die Arbeiten wurden nach seinem Tod von einem Schüler fortgeführt. Die Sagrestia Nuova (die Neue Sakristei) wurde von Michelangelo geplant. Die Cappelle Medicee, ebenfalls von Michelangelo, gehören zwar baulich zur Basilica,sind aber nicht von der Kirche aus, sondern über einen eigenen Eingang zu betreten. Zum Gebäudekomplex gehört auch noch die Biblioteca Medicea Laurenziana, sie wurde von Cosimo de' Medici, dem Älteren, gegründet und nach seinem Enkel Lorenzo de' Medici benannt.

Wir bummeln zunächst weiter durch den Markt und umrunden damit den Kirchenkomplex. Mir gefallen die kleinen, bunten Taschen gut, aber sie sind extrem teuer. Sonst ist nichts dabei, was mich reizen könnte.

Am Eingang zu den Cappelle Medicee machen wir kurz Halt. Sollen wir oder sollen wir nicht? Haben wir genug Zeit? Eher nicht! Gerhard hat ohnehin nicht wirklich Lust dazu, Michael macht immer sofort ein ablehnendes Gesicht, wenn der Eintritt in eine Kirche mit Kosten verbunden ist. Da fällt mein Blick auf ein "Fotografieren verboten"-Schild. Vielleicht bin ich kindisch, aber das stört auch mich, wenn ich Eintritt zahlen muss und dann keine fotografische Beute mit nach Hause nehmen darf. Das hat letztendlich die Entscheidung gebracht.

Also weiter rund um den Platz zum Eingang der Kirche! Von außen ist sie, obwohl riesengroß, eher unscheinbar. Bei den meisten Kirchen in Florenz ist die Eingangsfassade prächtig, aber die anderen Außenmauern nicht. Man baute, solange das Geld reichte, und die Vorderfront war natürlich das wichtigste Anliegen dabei. Hier kam es aber nicht dazu. Die Fassade wurde von Michelangelo geplant, es kam aber nie zu einer Ausführung, weil es keinen Geldgeber dafür gab. Sie ist nicht nur schlicht, sondern man könnte sie eigentlich als "roh" bezeichnen. Im Inneren soll die Kirche jedoch überreich mit Kunstwerken ausgestattet sein. Was eine Besichtigung anbelangt: Dasselbe in Grün! Ich entlocke meinen Männern gerade noch mal das Zugeständnis zu "Vielleicht haben wir doch später noch Zeit", aber es kommt nicht mehr dazu.

Der Vollständigkeit halber sei hier kurz angeführt, was diese Sehenswürdigkeiten laut Reiseführer so sehenswürdig macht: ein riesengroßer Kirchenraum, der eine Perle der Renaissance darstellt, zwei Bronzekanzeln von Donatello, Altarbilder und Fresken von Bronzino, Filippo Lippi und Rosso Fiorentino und eine große Anzahl von Medici-Grabmälern, die sich in der Alten und in der Neuen Sakristei, in der Krypta, im Kirchenschiff und in der Medici-Kapelle befinden, einige davon bedeutende Kunstwerke, die man sich eigentlich nicht entgehen lassen sollte.

Wenn ich so schreibe darüber, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich damit wieder einen Programmpunkt gefunden habe, der beim nächsten Florenz-Besuch Berücksichtigung finden sollte.

Weiter geht es in Richtung Palazzo Medici-Riccardi, ein Palast aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, von den Medici an Michelozzo Michelozzi in Auftrag gegeben, später an die Riccardi verkauft. Man könnte ihn als einen Prototyp der florentinischen Renaissance-Paläste bezeichnen.

Im Inneren befinden sich zahlreiche Kunstschätze, vor allem der "Zug der Heiligen Drei Könige" in der Kapelle ist erwähnenswert. Auf diesen Fresken hat Benozzo Gozzoli zahlreiche Persönlichkeiten der damaligen Zeit proträtiert. Der Palast wird für kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt.

Nicht weit davon entfernt befindet sich die Galleria dell' Accademia dell' Arte del Disegno, kurz Accademia genannt. Hier befindet sich - wie schon bereits erwähnt - das Original des David von Michelangelo. Die Statue wird in einem eigenen Raum prachtvoll präsentiert. Außerdem sind auch noch andere Skulpturen von Michelangelo, Giambologna und weiteren Florentiner Künstlern und eine umfangreiche Gemäldesammlung zu sehen. Sogar jetzt im November gibt es hier eine Menschenschlange, sie ist aber nicht sehr lang. Wir hatten eine Besichtigung von vornherein nicht geplant. Aber wenn man genügend Zeit hat, ist der Besuch hier sicher sehr lohnend.

Wir gehen aber nun bis zur Piazza della Santissima Annunziata. Am Vorabend sind wir hier schon vorbeigekommen. Auch heute stechen mir auf diesem sonst sehr schönen, geschlossen wirkenden Platz als erstes die großen blauen, überdies mit Graffiti "verzierten" Mistkübel in die Augen. Es ist schwierig, sie auf einem Foto nicht drauf zu haben, ganz ist es mir nicht gelungen.


In der Mitte des Platzes steht das Reiterstandbild des Großherzogs Ferdinand I, ein Werk von Pietro Tacca. Steht man diesem Monument von vorne gegenüber, befindet sich linker Hand die Loggia dei Servi di Maria und rechter Hand der Ospedale degli Innocenti. Letzterer wurde als Findelhaus errichtet. Er wurde von Filippo Brunelleschi zwischen 1419 und 1457 geschaffen, das war seine erste bedeutende Arbeit und eines der ersten Renaissancebauwerke in Florenz. Die Zwickelflächen zwischen den Säulen des Portikus sind mit Tondi von Andrea della Robbia verziert. Sie zeigen Terracottafiguren von Kleinkindern auf blauem Grund. Noch bis ins Jahr 1875 konnte man hier unerkannt durch eine kleine Drehtür unerwünschte Kinder abgeben.

An der Stirnseite des Platzes steht die Basilica della Santissima Annunziata. Sie geht zurück auf ein Oratorium des Ordens der Servi di Maria, das im 13. Jahrhundert errichtet wurde. Durch die zunehmende Wichtigkeit aufgrund der Verehrung eines wundersamen Freskos, das die Verkündigung darstellt und damit der Kirche den Namen gibt, erfolgte im 15. Jahrhundert ein Neubau durch Michelozzo. Im 17. Jahrhundert wiederum wurde eine üppige Barockisierung durchgeführt.

Dass sich hinter dem Säulengang eine Kirche befindet, würde man vom Platz aus gesehen nicht vermuten. Das Kirchengebäude ragt nur wenig darüber hinweg, und es gibt keinen auffallenden Kirchturm. Durch den Portikus betritt man zuerst den Chiostrino dei Voti, einen Kreuzgang mit Fresken aus dem frühen 16. Jahrhundert. Erst von dort aus kann man in die Kirche gelangen.

Wir betreten das Gotteshaus, und ich spüre sofort, dass es eine sehr "lebendige" und "sympathische" Kirche ist. Es sind viele Leute da, manche beten, eine lange Reihe steht vor einem Beichtstuhl. Der Mesner, ein älterer Herr läuft geschäftig herum. Immer wieder gibt es etwas aufzuräumen, Kerzen werden gelöscht oder gerade gerückt, usw. Er redet auch mit den Besuchern der Kirche, spricht ein Ehepaar auf Englisch an, ob sie etwas wissen wollen über die Kirche. Es stellt sich heraus, dass es Italiener sind, und die drei unterhalten sich lange Zeit.

Ein ganz eigenartiges Detail sind die von zwei Seiten benutzbaren Kirchenbänke. Durch Hochklappen der Sitzflächen und mit Hilfe von zusätzlichen Stühlen kann man entweder in Richtung Hauptaltar oder in Richtung Eingang schauen. Das ist sehr nützlich, denn die offensichtlich viel verwendete Kapelle in dieser Kirche befindet sich unmittelbar links vom Haupteingang.

Es ist die Cappella Annunziata (Verkündigungs-Kapelle), in der sich das oben erwähnte Fresko befindet. Sie ist überreich verziert, und es liegen viele Blumensträuße dort. Sie wirkt auf mich irgendwie "byzantinisch", obwohl ich bei genauerer Betrachtung eigentlich keine Erklärung finde, warum das so ist. Vor dieser Kapelle versammeln sich gerade ein paar Leute, ein Priester kommt und hält eine kurze Andacht. Ich denke schon, jetzt werden wir hinausgeschickt, aber das passiert nicht.

In der Kirche befinden sich zahlreiche Seitenaltäre mit ebenso zahlreichen Kunstwerken, unter anderem eine Pietà von Baccio Bandinelli (wir haben gestern seine Plastik Herkules und Cacus, die gemeinsam mit dem David den Eingang des Palazzo Vecchio flankiert, gesehen).

Die Decke des Hauptschiffes ist reicht verziert und vergoldet. Der monumentale Hochaltar im riesigen, runden Presbyterium trägt ein Silberantependium, das von Cosimo Merlini hergestellt wurde. Darüber wölbt sich die Kuppel mit einer Darstellung der Himmelfahrt Mariens. Links und rechts vor dem Altar stehen zwei große Statuen, die die Apostel Petrus und Paulus darstellen.

Als nächstes steht der Tempio Maggiore, die Florentiner Synagoge, auf dem Programm. Wir wollen den Weg dorthin in einem etwas größeren Bogen gehen. Denn Michael hat auf dem Stadtplan gesehen, dass der Piazzale Donatello eine Art Ringstraße bildet, in deren Mitte ein Friedhof, der Cimitero degli Inglese, eingezeichnet ist. Das interessiert uns, das muss doch eigenartig aussehen!

Und das tut es auch tatsächlich. Die Straße, die rundherum führt, ist mehrspurig und stark befahren. In der Mitte liegt ein kleiner Hügel, der an den Rändern wie "abgeschnitten", senkrecht abgemauert und dann mit einem Gitter umgeben ist. Das hier eingefügte Foto gibt jetzt als Motiv absolut nichts her, aber es veranschaulicht meinen möglicherweise nicht sehr gelungenen, schriftlichen Erklärungsversuch.

Nach unserer Reise habe ich dann Infos darüber eingeholt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde ein Friedhof für die Nichtkatholiken außerhalb der damaligen Stadtmauern angelegt. Zum Großteil waren es Protestanten, und hierbei wieder in der Mehrzahl Engländer, darunter viele Schriftsteller und bildende Künstler. Die Engländer bildeten in dieser Zeit die größte Ausländergruppe in Florenz. Daher also der Name! Als die Stadtmauern dann abgetragen und die Straßen angelegt wurden, entstand diese eigenartige "Verkehrsinsel".

Das Gittertor ist verschlossen, und wir setzen unseren Weg in Richtung Tempio Maggiore fort. Die hier noch eingefügten Fotos hat Michael dann erst am Nachmittag gemacht. Gerhard und ich haben nämlich die Uffizien besucht, und da wollte er absolut nicht dabei sein.

Der Tempio Maggiore Israelitico ist für uns als Sehenswürdigkeit schnell "erledigt". Das Gebäude ist ziemlich groß und sieht beeindruckend aus, ist aber nicht ungehindert sichtbar, denn es ist von einer Mauer mit Gitterzaunaufsatz und einem unten nicht durchsichtigen Tor umgeben. Zur Besichtigung, es ist auch ein Museum angeschlossen, müsste man eine kleine Pforte passieren. Dass ich dann doch ein Gesamtfoto der Kirche zustande bringe, habe ich einem Auto mit Handwerkern zu verdanken, das gerade das Gelände verlässt. Dadurch wird das hohe Tor geöffnet und ich kann das Bauwerk in seiner ganzen Höhe und Breite aufs Bild bannen.

Es ist sicher, dass es bereits im 13. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde und eine Synagoge in Florenz gab. Wahrscheinlich geht diese Gemeinde aber in der Geschichte viel weiter zurück. Diese Synagoge wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut. Sie stellt, wie zu dieser Zeit üblich, eine stilistische Mischung dar, in diesem Fall aus traditionell florentinischen und orientalischen Stilelementen. Das gilt auch für das Kircheninnere, es ist reich geschmückt und verziert. Im 2. Weltkrieg diente der Tempio Maggiore als Fahrzeuglager und hätte zu Kriegsende gesprengt werden sollen, was aber verhindert werden konnte. Die Beschädigungen, die sich in Grenzen hielten, wurden nach dem Krieg repariert.

Wir durchqueren nun das jüdische Viertel und kommen an einem koscheren Restaurant und Lebensmittelladen und an der bewachten israelischen Botschaft vorbei.

Nicht weit entfernt davon, auf einem kleinen Platz vor der Chiesa di Sant' Ambrogio, gibt es wieder einen Markt. Mir sind jetzt nur mehr Schuhe und Taschen in Erinnerung, aber vielleicht war da auch noch anderes zu kaufen. Die Auswahl ist gering, aber es gibt dort zufällig ein paar Stiefel für meinen Sohn, die perfekt seinen Ansprüchen entsprechen. Nach genau dieser Art hat er zu Hause schon eine Zeitlang gesucht und nichts gefunden. Dass diese Dinger auch noch ausgesprochen billig sind, macht die Entscheidung einfach.

Wir kommen nun zu einer riesigen Markthalle, dem Mercato di Sant'Ambrogio. Da wird wirklich alles angeboten, was das Herz begehrt. Rund um die Halle sind außerdem noch zusätzliche Marktstände aufgebaut. Hier ist die Gegend total "untouristisch" und es ist auch alles andere als schön hier. Die Markthalle ist von außen unansehnlich, aber die Stände drinnen wirken relativ sauber und geordnet.

Nicht die vielen anderen Nicht-Italiener, die hier ihre Waren anbieten oder einkaufen, sind die Exoten ... nein, die Exoten sind hier eindeutig wir drei.

So ein buntes Markttreiben animiert mich immer zum Fotografieren. Da kann ich gar nicht mehr aufhören. Ich hätte also noch genug weiteres Fotomaterial an dieser Stelle einzufügen.

 

An der Casa Buonarroti kommen wir nur zufällig vorbei. Michelangelo blickt freundlich gelassen von der Fassade. Das Haus hat er wohl 1508 gekauft, aber gelebt hat er darin nie. Mehr als 100 Jahre später hat es ein Neffe von ihm zu einem Palast ausbauen lassen, und es wurden zahlreiche Kunstwerke des Genies zusammengetragen und ausgestellt. Auch hier gäbe es also wieder ein Museum zu besuchen. Ich weiß nicht, wie lange man in Florenz verweilen müsste, um in Ruhe alle Museen besichtigen zu können. Es muss sehr lange sein, da bin ich mir sicher.

Inzwischen ist der Entschluss gereift, dass wir uns am heutigen Nachmittag in die Uffizien begeben werden. Wir trennen uns von unserem Sohn, da dieser - wie schon erwähnt - daran überhaupt nicht interessiert ist, was ich durchaus verstehe. Ich bin mir selber nicht ganz sicher, ob ich hin will. Aber andrerseits: Florenz ohne Uffizien? Da fehlt doch irgendwas. So bin ich dann doch froh, dass Gerhard das auch so sieht und mit mir geht. Alleine hätte ich mich nicht entschließen können dazu. Vorbei an der Basilica di Santa Croce streben wir also dorthin. Ich mache ein "Hinterrücks-Foto" von Dante. Denn ich finde er hat aus dieser Perspektive einen lässigen Hüftknick und die Zipfelmütze ist auch nicht ohne.

Die Uffizien wurden Mitte des 16. Jahrhunderts errichtet, und zwar als Verwaltungskomplex, daher auch der Name. Cosimo I. Medici betraute Giorgio Vasari mit diesem Projekt. Ein ganzes Stadtviertel wurde niedergerissen, um Platz für diesen Bau zu bekommen. Er besteht aus zwei parallel zueinander verlaufenden langgestreckten Flügeln, die dazwischen den schmalen Piazzale degli Uffizi bilden und sich bis zum Arnoufer erstrecken. Dort werden sie durch ein quer liegendes Gebäude miteinander verbunden, welches aber mit seinem Arkadengang den Durchgang zum Arno freihält. Schon sehr bald wurde begonnen, hier die Kunstschätze der Medici und später der Großherzöge der Toskana unterzubringen. Damit entstand eine der größten und bedeutendsten Gemäldesammlungen der Welt.

Es gibt keinen Aufenthalt beim Eingang zur Galleria degli Uffizi. Es ist wenig los hier zu dieser Jahreszeit. Diese Gemäldegalerie ist grundsätzlich chronologisch aufgebaut, d.h. die Bilder werden immer jünger, je näher man dem Ausgang zustrebt. Eines der Highlights begegnet einem gleich ganz zu Beginn, ein sehr schön gestalteter Raum, in dem man die Maestà (Madonna mit dem Jesuskind) von Cimabue bestaunen kann. So wie das Kruzifix vom gleichen Künstler im Museum von Santa Croce hat sie mich total beeindruckt. Beide Kunstwerke mit ihrer "strengen" Aura und der spürbaren tiefen Religiosität zählen für mich zu den ganz großen Kulturerlebnissen dieser Reise.

Ein "Aushängeschild" dieses Museums stellt die Geburt der Venus von Sandro Botticelli dar. Ich werde aber jetzt hier sonst keine weiteren Namen von Kunstwerken und Künstlern anführen, das ist völlig sinnlos angesichts der Tatsache, dass hier Hunderte von Bildern in den Sälen hängen und Hunderte von Skulpturen in den Gängen aufgestellt sind. Bis zum Ende des Parcours weiß man ohnehin nicht mehr, was man gesehen hat.

Der Rundgang beginnt in dem Flügel, der sich an den Palazzo Vecchio anschließt, führt über das Verbindungsgebäude und geht den anderen Flügel zurück bis zu einer Dachterrasse, auf der ein Kaffeehaus eingerichtet ist. Man befindet sich dann direkt über der Loggia dei Lanzi. Der Blick auf den Turm des Palazzo Vecchio ist aus dieser Perspektive sehr eindrucksvoll. Durch die Ausnehmungen in der hohen Brüstung kann man auf die Stadt und den Dom schauen. Zum Fotografieren eignet sich dieser Platz nicht besonders gut. Denn man darf nicht bis zum Rand vorgehen und den Absatz hinaufsteigen, um wirklich einen Ausblick zu haben.

Meine Meinung zu unserem Besuch der Uffizien nun im Nachhinein: Ich bereue es nicht, dass ich hingegangen bin, schon alleine aus dem Grund, weil ich sonst nachher immer gedacht hätte, dass mir etwas entgangen ist. Aber: Der Genuss hielt sich stark in Grenzen. Es ist zu viel. Es ist zu "alt". Es ist zu einem überwiegenden Teil nicht schön präsentiert. Die Uffizien haben es gar nicht nötig, auf ein anziehendes Umfeld zu achten. Die Besuchermassen strömen ohnehin von selber hin. Die Bilder hängen meist hinter Glas, das ist ja klar, sie brauchen einen Schutz, die Leuchtstoffröhren machen aber Reflexe auf dieser Fläche, reihenweise kann man die Bilder deswegen überhaupt nicht wirklich ordentlich anschauen. Und nur das Gefühl, dass ich vor einem "heiligen Kunstwerk" stehe, ist mir nicht genug.

Ich habe wenige Wochen nachher die Ausstellung "Impressionisten - wie das Licht auf die Leinwand kam" in der Wiener Albertina besucht. Man möge mir hier jetzt vorwerfen, dass ich einen Vergleich ziehe, der nicht in Ordnung ist. Ja, zugegeben, er ist es nicht, absolut nicht. Hier wurde eine thematische Ausstellung präsentiert mit Augenmerk auf historische Zusammenhänge und Erklärungen, man bekam eine Fülle von Informationen, warum gerade in dieser Zeit der Boden so fruchtbar war für diese Art der Malerei. Nebenbei sind das Bilder, die mir grundsätzlich viel mehr gefallen. Ich bin staunend, begeistert, bereichert, ... von dort weg gegangen.

Also das ist total anders und dürfte nicht miteinander verglichen werden. Ich erwähne es ja auch nur, um die Beschreibung meines Gefühls zu untermauern, das ich hatte, als ich die Uffizien verließ: Eine lange Reihe von Bildern, relativ lieblos reingehängt, große Kunstschätze, aber kein Genuss! Ja, ... ich bin vielleicht ein Banause ... vielleicht auch nicht. Vielleicht bin ich auch nur "mutig", meine Meinung über einen normalerweise unumstrittenen Kulturgenuss zu äußern.

Einen Kaffee zur Stärkung haben wir dann auf alle Fälle verdient, und es gibt auch einen kleinen Snack dazu. Wir spazieren anschließend über die Piazza della Signoria. Ich werfe einen Blick in die Auslage des exklusiven Papier- und Lederwarengeschäftes Pineider. Schon Napoleon, Lord Byron und Maria Callas sollen sich angeblich dort Visitenkarten bestellt haben. Ich habe ein Faible für Papier- und Schreibwaren, derlei edle Dinge zu betrachten, bereitet mir Vergnügen, wenngleich ich keinen Cent für so etwas ausgeben würde. Und hier ist wirklich alles exquisit, vom Feinsten ... die Preise sind dementsprechend. Hineingetraut habe ich mich jedoch nicht, es blieb beim "Auslagengucken".

Auf dem Rückweg zum Hotel überqueren wir die Piazza della Repubblica, einen recht "jungen" Florentiner Platz. Er wurde erst zu Ende des 19. Jahrhunderts gestaltet. Ein hübsches "Nostalgie"-Karussell ist hier aufgestellt und auch in Betrieb. Wir sind hier noch ein paar Mal vorbeigekommen, aber es hat sich immer ganz alleine für sich gedreht.

Nicht weit davon entfernt befindet sich der Palazzo Strozzi. Er wurde zu Ende des 15. Jahrhunderts von den Strozzi, einer ebenfalls sehr wohlhabenden Florentiner Familie, in Auftrag gegeben. Er soll einer der schönsten Renaissance-Paläste in Florenz sein. Ich muss aber gestehen, dass diese Paläste für mich alle ziemlich ähnlich aussehen. Sie waren allesamt eine Demonstration des immensen Reichtums, und man versuchte, sich gegenseitig damit zu übertrumpfen.

Immer wieder fällt mir auf, dass es in der Florentiner Altstadt viele schmale Gassen gibt, die oft an einem Punkt zusammenlaufen und wenig Platz für die Häuser lassen, die dann in einer "spitz" zulaufenden Ecke enden. Das wirkt, als würde sich ein Schiffsbug in die Gassen schieben.

Langsam wird es dämmrig. Die Basilica di Santa Maria Novella liegt im Abendlicht. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich das ja noch nicht, aber wir werden das Innere der Kirche nicht zu Gesicht bekommen, es ist sich nicht mehr ausgegangen bis zum Ende der Reise. Darum möchte ich der Ordnung halber ein paar sparsame Infos darüber an dieser Stelle einfügen.

Der Bau der Kirche wurde schon Mitte des 13. Jahrhunderts begonnen. Der untere Teil der Fassade entstand Mitte des 14. Jahrhunderts im romanisch-gotischen Stil, der obere Teil wurde 100 Jahre später im Renaissance-Stil fertiggestellt. Für mich bildet das Ganze aber trotzdem eine wunderschöne Einheit. Im Inneren der Kirche sind zahlreiche herausragende Kunstwerke zu sehen, u. a. Fresken von Ghirlandaio, ein Kruzifix von Giotto, eine Dreifaltigkeitsdarstellung von Masaccio mit interessanter perspektivischer Wirkung und ein Holzkruzifix von Brunelleschi. Neben der Kirche befindet sich ein Kloster mit sehenswerten Kreuzgängen und einem Kapitelsaal. Die Liste der beim nächsten Florenz-Besuch unbedingt einzuplanenden Sehenswürdigkeiten wird immer länger.

Nach einer Rastpause im Hotel ziehen wir wieder los. Heute wird mein Wunsch nach einem richtigen italienischen Abendessen in einem gemütlichen Restaurant erfüllt. Wir besuchen die Trattoria Anita in einer Seitengasse in der Altstadt. Nach einer Nudelvorspeise, für Michael Spaghetti Carbonara, für Gerhard Tagliatelle alla Fiorentina, für mich Taglierini Tartufati, gibt es für Gerhard ein Cinghiale in umido (geschmortes Wildschwein) und für Michael und mich Petti di Pollo Guelfa (Hühnerfilets). Gerhard bezweifelt ganz stark, dass es sich um ein Wildschwein handelt, im Gegenteil, er ist sich ziemlich sicher, dass das Fleisch vom Rind stammt, was aber im Endeffekt nichts daran ändert, dass alles ausgezeichnet geschmeckt hat, ... auch das Nicht-Wildschwein.

Auf unserem kleinen Abendspaziergang kommen wir noch zufällig an der Parrocchia dei Santi Michele e Gaetano vorbei. Dort ist gerade eine Messe oder Andacht zu Ende gegangen, das Kirchentor ist offen, und darum schauen wir noch kurz hinein. Die Kirche ist mir bei meinen Vorbereitungen nicht begegnet. Ich finde sie aber deswegen erwähnenswert, da sie im Inneren fast völlig in Schwarz gehalten ist. Es gibt helle Figuren und Verzierungen, der Boden ist gemustert, und die helle Decke bildet ebenfalls einen starken Kontrast. Das Gesamtbild wirkt ungeheuer "edel".

Dann ist es Zeit, schlafen zu gehen. Für morgen ist ja der Ausflug nach Pisa geplant. Auch das wird wieder ein anstrengender Tag werden.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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