Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Berlin von A(lex) bis Z(oo)"

 

Anreise und 1. Tag:
Bahnfahrt, Einchecken im Hotel, Neues Kranzler Eck, Theater des Westens, Jüdisches Gemeindehaus, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Europa-Center, Elefantentor des Zoologischen Gartens, Kaufhaus des Westens (Ka-De-We), Wittenbergplatz, Bauhaus-Archiv, Villa von der Heydt, Botschaftsviertel, Kulturforum (St. Matthäus-Kirche, Gemäldegalerie, Neue Nationalgalerie, Große Philharmonie, Staatsbibliothek, Kunstgewerbemuseum), Sony-Center, Potsdamer Platz, Fahrt mit dem Doppeldecker-Bus, abendlicher Rundgang (Zeughaus, Berliner Dom, Spree-Ufer, Hackescher Markt, Hackesche Höfe, Rosenhöfe)

 

Gerhards Tochter Silvia kommt zu uns nach Asten, und wir treten gemeinsam zunächst die Autofahrt nach Wien an. Dort stellen wir unser Fahrzeug in das Parkhaus in Hütteldorf. Für EUR 3,-- pro Tag ist es hier gut aufgehoben, und wir können von dort aus bequem mit der U-Bahn die Wohnung unseres Sohnes Michael erreichen, der seit dem vergangenen November in Wien zu Hause ist. Am frühen Abend genießen wir noch ein feines Essen in einem chinesischen Restaurant. Nach einem kleinen Stadtrundgang über die Kärntnerstraße und den Stefansplatz begeben wir uns zum Bahnhof.

Der Zug fährt kurz nach 22 Uhr ab, aber schon eine halbe Stunde vorher können wir unser Abteil beziehen. Die Garnitur fährt nach Warschau und hat einen Kurswagen nach Berlin. Für mich ist es die erste Reise in einem Schlafwagen. Natürlich ist es beengt, aber dadurch, dass wir eine 2er-Belegung haben, also nicht mit fremden Menschen zusammen im Abteil sind, empfinde ich es als relativ komfortabel, ... ein kleines Hotelzimmer auf Schienen sozusagen.

Die ersten Stunden verbringe ich mit Lesen, dann versuche ich zu schlafen, was mir angesichts des Gerüttels und der Geräusche nicht ganz leicht fällt. Aber letztlich bin ich doch müde genug, um einzuschlafen. Die Ankunft ist um 9 Uhr morgens, schon eine Stunde vorher werden wir wie geplant durch unangenehmes Wecker-Gepiepse aufgeschreckt. Wir bekommen Kaffee, Croissants und Orangensaft ... und als wir aussteigen, fühle ich mich relativ munter und fit.

Der Berliner Hauptbahnhof ist riesig, modern, lichtdurchflutet, also sehr ansprechend, nur im ersten Moment doch ein wenig verwirrend. Wir wissen, dass wir von hier aus mit der S-Bahn (S3, S5 oder S7) bis zum Bahnhof Zoo weiterfahren müssen, brauchen aber natürlich vorher noch ein Ticket dafür. Die Fahrkartenverkaufsstelle und der Zugang zur S-Bahn sind dann auch relativ schnell gefunden.

Es sind nur wenige Stationen und von dort aus ein kurzes Stück Fußweg bis zum Hotel. Wir hätten es noch ein wenig kürzer haben können, denn wir sind irrtümlich einmal um den Häuserblock gegangen und stehen plötzlich in der Nähe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Die sieht jetzt nun nicht so aus, wie ich es mir vorgestellt habe, von ihrem alten "Ruinen-Teil" sieht man nämlich nichts, das irritiert auch Silvia ein wenig. Davon aber später, wir werden bei unserer allerersten Erkundungstour hier heute noch vorbeikommen. Ein älterer Herr fragt uns, ob er helfen kann. Wir haben anscheinend einen suchenden Eindruck gemacht.

Obwohl es noch nicht mal 10 Uhr ist, können wir sofort einchecken, das empfinde ich als sehr angenehm. Die Zimmer sind geräumig, nicht mehr ganz neu, aber völlig in Ordnung. Ich hätte wohl lieber eine Duschkabine als eine Badewanne mit Duschvorhang, und ich vermisse einen Zimmer-Safe. Dafür gibt es für die Dauer des Aufenthalts kostenloses WLAN, was mein Sohn selbstverständlich gerne in Anspruch nimmt.

Wir gönnen uns nur wenig Zeit, unsere Sachen auszuräumen und starten bald zu unserem ersten Rundgang. Irgendwie naheliegend nehmen wir uns zunächst einmal die Umgebung vor. Das Hotel liegt an der Kreuzung Kurfürstendamm und Joachimstaler Straße. Direkt gegenüber befindet sich das Kranzler Eck. Hinter dem alten Bau, der aus den 50ern stammt und von dem die Rotunde des Café Kranzler ins Auge sticht, wurde vom Architekten Helmut Jahn ein gläserner Hochhausbau mit einer zur Straße hin "scharfen" Spitze errichtet, was bei mir leider nicht ins Bild kam. Das gesamte Ensemble ist mit Geschäftspassagen verbunden und optisch sehr attraktiv gestaltet.

Wir betreten zunächst einen Innenhof, in dem sich zwei Volieren mit etlichen Sittichen befinden. Ich bin überrascht. Ist es denn für diese Vögel nicht viel zu kalt? Wir haben schließlich deutliche Minusgrade. Offensichtlich nicht, sie scheinen sich recht wohl zu fühlen. Die beiden Vögel, die gerade in der Futterschüssel sitzen und Körner picken! Dieser Anblick gefällt mir, aber sie machen es mir schwer. Ich brauche nämlich mehrere Versuche, bis ich ein Foto zustande bringe, auf dem beide das Köpfchen erhoben haben.

Weiter geht es in den nächsten Hof mit mehreren Geschäften und Gastronomiebetrieben. Zunächst einmal machen wir mit der Quadriga des Brandenburger Tores Bekanntschaft. Nein ... natürlich nicht wirklich! Das hier ist eine "bärige" Abwandlung davon. In einer Bäckerei kaufen wir uns etwas Süßes. Das Bahn-Frühstück war doch ein wenig spärlich, und diese Schnecken und Fruchtplunder schauen total gut aus, wie sie da in der Vitrine liegen ... und sie schmecken auch vorzüglich. Die Verkäuferin ist auffallend freundlich. Sind alle Berliner so nett? Die Antwort kann ich hier gleich vorwegnehmen: Ja, alle Berliner, mit denen wir zu tun hatten, waren ausgesprochen liebenswürdig.

Wir verlassen nun das Neue Kranzler Eck und steuern auf das Theater des Westens zu. Ich kann nicht gleich fotografieren, denn ich habe Zuckerfinger und halte einen Teil meiner Mehlspeise noch in der Hand.

Dieses Theater wurde zu Ende des 19. Jahrhunderts in einem Stilmix aus Renaissance-, Empire- und Jugendstil erbaut und war fast die ganze Zeit seines Bestehens über der "leichten Muse", also der Aufführung von Operetten und Musicals, gewidmet. Nur von 1945 bis 1961 war es Spielstätte der Deutschen Oper.

Nicht weit davon entfernt befindet sich das streng bewachte Jüdische Gemeindehaus. Es steht an der Stelle der 1912 eingeweihten Synagoge, die 1938 in der Progrom-Nacht fast völlig vernichtet wurde. Ihr Portal wurde in den Neubau, der 1957-59 errichtet wurde, einbezogen. Im Hof steht eine schwarze Skulptur, die eine zerstörte Thora-Rolle darstellt. Die jüdische Gemeinde in Berlin geht auf das 13. Jahrhundert zurück, sie umfasst heute etwa 9000 Mitglieder und ist damit die größte in Deutschland.

Wir gehen ein Stück den Kurfürstendamm, meist nur kurz Kudamm genannt, entlang. Er wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts als Reitweg zum Jagdschloss Grunewald angelegt und ist heute ein breiter Boulevard, eine endlose Geschäfts- und Flaniermeile. Unser nächstes Ziel ist nämlich nun die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz.

Bevor wir uns der Kirche näher zuwenden, kommen wir an einem Laden vorbei, der Schals und Mützen in allen erdenklichen Formen und Farben anbietet. Gerhard legt sich kurz entschlossen eine neue Haube zu, und sein Stirnband verschwindet im Rucksack. Ja ... es ist saukalt hier in Berlin! Das ist uns mittlerweile bewusst geworden. Und diese Tatsache wird einer der wenigen, wenn nicht überhaupt der einzige negative Aspekt in diesem Urlaub bleiben.

Die Gedächtniskirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu Ehren Kaiser Wilhelms I. unter seinem Enkel Kaiser Wilhelm II. nach Entwürfen von Franz Schwechten errichtet, und zwar im neoromanischen Stil. Sie hatte mehrere Türme, der Hauptturm war zu diesem Zeitpunkt das höchste Bauwerk der Stadt, und sie war im Inneren mit Mosaiken geschmückt und sehr prächtig ausgestattet. Der Zweite Weltkrieg ließ nur eine Turmruine übrig, alles andere war weitgehend zerstört. Ende der 50er wollte der mit seinem Entwurf für die Neugestaltung eines Gotteshauses aus einem Architektenwettbewerb als Sieger hervorgegangene Egon Eiermann sämtliche alten Gebäudeteile, also auch die Reste des Turmes abreißen. Das führte zu einer öffentlichen Debatte, die mit einem Kompromiss endete. Der Turmbau sollte als Ruine und als Mahnmal gegen den Krieg erhalten bleiben. Daneben wurde ein achteckiger Andachtsraum, ein sechseckiger Glockenturm, eine viereckige Kapelle und ein Foyer neu errichtet. Die Berliner sagen angeblich zu den beiden ersteren "Puderdose" und "Lippenstift" und zur Turmruine "hohler Zahn".

Nun, aber was ist jetzt mit der Turmruine passiert? Das haben wir uns schon gefragt, als wir noch auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel waren. Sie ist hinter einer rundherum verlaufenden "Wand" verschwunden, nur ein kleines Stück ragt oben heraus. Da es kein normales Gerüst ist, sondern mit Platten verschalt, sieht man überhaupt nicht, was dahinter ist. Es könnte - nur aus den Augenwinkeln betrachtet - ein alter Hochhausbau mit Wohnungen sein. Und im ersten Moment waren wir uns deswegen nicht sicher, ob das nicht vielleicht eine weitere bauliche Veränderung auf Dauer darstellen soll. Aber nein, es scheint tatsächlich nur der Renovierung zu dienen.

Die neuen, nun auch nicht mehr wirklich neuen Gebäude sehen von außen grau, irgendwie schmutzig, ja fast hässlich aus. Wir gehen nun in den Andachtsraum. Und der entfaltet eine ganz tolle Wirkung. Die Wände bestehen nämlich fast durchgehend aus winzigen, blauen, quadratischen und in sich aus noch kleineren Teilchen zusammengesetzten Glasfenstern, damit verbreitet sich ein bläuliches, stimmungsvolles Licht. Über dem Altar hängend beherrscht eine große Figur "Christus am Kreuz" den gesamten Raum.

Wir halten uns eine ganze Weile drinnen auf und machen viele Fotos, bevor wir in die danebenliegende Turmruine, das Kirchenmuseum, gehen. Dort wird genauestens die Geschichte der Kirche mit vielen Fotos und Ausstellungsstücken dokumentiert. Es sind sehr viele Leute da, auch etliche Schulklassen, ein ziemliches Gedränge herrscht hier.

Der Eintritt ist für Kirche und Museum frei, aber natürlich wird um Spenden gebeten. Unter anderem kann man sich für einen Euro einen Apfel kaufen, um damit die Erhaltung der Bauten zu unterstützen.

Wir gehen nun weiter über den Breitscheidplatz und machen einen Abstecher ins Europa-Center, das nichts weiter ist als ein Einkaufszentrum, das schon in den 60ern erbaut und in den 80ern umgestaltet wurde, also für einen Konsumtempel ist es schon ziemlich alt. Davor befindet sich der Weltkugelbrunnen aus rotem Granit und Bronze, der sieht sicher gut aus, wenn er "in Betrieb" ist. Wir müssen uns mit wasserlosen Fotos begnügen.

Neben der Tatsache, dass bei der Kälte ein Aufenthalt in einem Gebäude immer angenehm ist, trifft es sich gut, dass hier ein Saturn-Markt ist, wo ich mir einen weiteren Akku für meine Kamera zulegen kann. Aus Erfahrung weiß ich, dass meine beiden für einen intensiven Fototag meist nicht ausreichen.

Außerdem ist hier die "Uhr der fließenden Zeit" zu besichtigen. Sie wurde vom Pariser Physiker Bernard Gitton im Rahmen des Center-Umbaus 1982 installiert. Ein kompliziertes System von durchsichtigen Kugeln und Rohrleitungen, mit giftiggrüner Flüssigkeit gefüllt, zeigt die Zeit an, wenn man erst mal kapiert hat, wie die Darstellung funktioniert. Sieht ganz nett aus, aber haut mich nicht um.

Die Budapester Straße entlang bewegen wir uns nun auf einen der Eingänge zum Zoologischen Garten, der - nebenbei erwähnt - einer der artenreichsten der Welt ist, zu. Natürlich ist kein Besuch der Tiergehege geplant, dazu ist nicht die richtige Jahreszeit, und wir hätten auch gar keine Zeit dafür. Aber das Elefantentor ist sowohl für Silvia als auch für mich (wir sind beide verrückte Elefanten-Fans) ein Fixpunkt. Es wird davor ausgiebig posiert und fotografiert.

Hier kommt endlich auch ein rotes und ein grünes "Ost"-Ampelmännchen ins Bild. Ich wusste bis jetzt noch nicht, dass die Ampeln in der DDR mit diesen Lichtzeichen ausgestattet waren. Nach der Wende sollten sie ausgetauscht und damit aus dem Straßenbild verbannt werden, das führte zu Protesten. Und sie durften bleiben. In den letzten Jahren wurde sogar im ehemaligen West-Berlin diese Art der Ampeln installiert. Mittlerweile werden die Männchen auch kräftig vermarktet und scheinen ein beliebtes Souvenir zu sein. Auf allen möglichen Gegenständen abgebildet kann man sie erstehen.

Am Breitscheidplatz geht der Kurfürstendamm in die Tauentzienstraße über, die wir jetzt überqueren, auch hier reiht sich ein Geschäft an das andere. Auffallend ist die Skulptur "Berlin" aus Chromnickelstahl, die 1987 errichtet wurde, sie sollte das geteilte Berlin darstellen. Nach dem Fall der Mauer ist sie Symbol der Wiedervereinigung geworden. Aufgefallen ist uns auch ein Kanaldeckel der Berliner Wasserbetriebe, weil darauf verschiedene Sehenswürdigkeiten der Stadt dargestellt sind.

Wo die Tauentzienstraße in den Wittenbergplatz übergeht, befindet sich das KaDeWe, das Kaufhaus des Westens. Das ist angeblich der größte Konsumtempel Europas, und es wird auch als eines der Berliner Wahrzeichen bezeichnet. Man sagt, dass es nichts gibt, was es hier nicht gibt. Das Kaufhaus wurde 1907 eröffnet, ist im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, konnte aber rekonstruiert werden. 1950 wurde es feierlich wiedereröffnet.

Einen kleinen Rundgang wollen wir darin machen, speziell die Gourmet-Etage im 6. Stock soll man unbedingt gesehen haben, da sind sich alle Reiseführer einig. Gleich beim Eingang werde ich aufmerksam gemacht, dass hier Fotografieren nicht erlaubt ist. Nun ja, damit kann ich leben. Nur als wir in der Spielwarenabteilung einem riesigen Plüschelefanten begegnen, muss ich mich leider ganz verstohlen (darum ist Blickwinkel und Ausschnitt des Fotos auch ein wenig ungünstig) über dieses Verbot hinwegsetzen. Tut mir sehr, sehr leid, muss einfach sein!

Die Feinschmecker-Abteilung ist wirklich sehenswert und auch sehr gut besucht. Am helllichten Vormittag wird hier Sekt getrunken und Austern geschlürft. Alles in allem ist es mir hier ein wenig zu "überkandidelt". An einem Stand werden gerade Lindor-Kugeln hergestellt und an die vorbeigehenden Besucher verteilt. Bei der Gelegenheit stelle ich wieder mal fest, dass das eine der besten Süßigkeiten ist, die es gibt.

Wir verlassen das Kaufhaus wieder in Richtung Wittenbergplatz. Dort befindet sich schon wieder ein Brunnen, er ist von unzähligen steinernen Badegästen in allen Altersgruppen bevölkert, nur natürlich wiederum nicht mit Wasser gefüllt. Er gibt aber trotzdem ein nettes Foto-Motiv ab. Er stammt aus dem Jahr 1985 und wurde von Waldemar Grzimek entworfen.

Wir statten dann noch dem U-Bahnhof Wittenbergplatz einen kurzen Besuch ab, er stammt aus der Zeit um 1900, wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und zunächst modernisiert aufgebaut. In den 80ern erfolgte jedoch eine denkmalgerechte Restaurierung. Er wirkt auf mich irgendwie wie eine Puppenstube, also fast ein wenig "zu sehr restauriert".

Von dort weg bewegen wir uns jetzt in nordöstliche Richtung, überqueren den Landwehrkanal und stehen vor dem Bauhaus-Archiv. Es ist leicht an den Shed-Dächern zu erkennen. Erbaut wurde es in den späten 70ern. Der Entwurf ist schon um einiges älter und stammt vom Gründer des Bauhauses Walter Gropius. Die darin beherbergte Sammlung umfasst Architekturmodelle, Kunsthandwerk und Möbel, aber auch Fotografien, Zeichnungen undBilder. U.a. können Werke von Gropius, Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe sowie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger betrachtet werden. In unmittelbarer Nähe befindet sich die in der Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute Villa von der Heydt.

Wir spazieren nun durch das Botschaftsviertel. Eine große Anzahl ausländischer Vertretungen haben sich hier in teilweise architektonisch sehr interessanten Gebäuden niedergelassen. Wir haben unseren Weg nicht bewusst gewählt, also dem Zufall überlassen, an welchen wir vorbeikommen. So ist auch die Auswahl der Fotos hier rein beliebig.

Über dem Denkmal Richard Wagners, es befindet sich in der Nähe der Landesvertretung von Baden-Württemberg, wurde eine Überdachung errichtet. Ich nehme an, um es vor Umwelteinflüssen zu schützen, aber das Ganze schaut irgendwie überdimensioniert aus.

Weiter östlich befindet sich das Kulturforum. Es erstreckt sich bis in das Gebiet um den Potsdamer Platz und ist das wichtigste Bau-Ensemble der Nachkriegszeit. Der Grundgedanke war, hier verschiedene Einzelbauten zu einer gemeinsamen Stadt-Landschaft verschmelzen zu lassen. Dieses Konzept stammte von Hans Scharoun, wurde aber nicht verwirklicht. Denn er zeichnet zwar für die Philharmonie und für die Staatsbibliothek verantwortlich, durch die Vergabe weiterer Bauten an andere Architekten wurde die Einheitlichkeit aber aufgegeben.

Speziell Hans Scharoun und Ludwig Mies van der Rohe, der die Neue Nationalgalerie entworfen hat, hatten eine total unterschiedliche Herangehensweise. Bei Scharoun bestimmt die Verwendung des Gebäudes das Aussehen, bei Mies van der Rohe muss sich die Funktion der Form unterordnen. Klingt also sehr spannend, was ich da vor der Reise schon über das Kulturforum gelesen habe, ich war daher sehr neugierig darauf.

Vorbei an der Gemäldegalerie von den Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler gehen wir zunächst auf die inmitten des Platzes stehende St. Matthäus-Kirche zu. Sie stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und wurde von Friedrich August Stüler erbaut. Wir sind nicht auf die Idee gekommen, hineinzugehen, wir wissen also gar nicht, ob man sie besichtigen hätte können.

Die Kirche spiegelt sich recht wirkungsvoll in der Neuen Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe. Von diesem Museum sieht man von außen nur eine riesige rundum verglaste Halle, bedeckt von der größten freitragenden Stahlplatte der Welt, ruhend auf einer steinernen Terrasse. Darunter ist das eigentliche Museumsgeschoß. Die Halle ist frei zugänglich und fast völlig leer. An der Decke befinden sich laufende Leuchtbänder, die einen abstrakten Text abbilden. Es ist ziemlich warm drinnen und noch dazu ein wenig feucht. Man fühlt sich, als würde man die Vorhalle zu einem Schwimmbad betreten. Meine Brille und das Objektiv meiner Kamera laufen an, was sich aber nicht wie sonst nach ein paar Minuten gibt, und ich muss beides abwischen, um wieder klar zu sehen und fotografieren zu können.

Vom Vorplatz der Neuen Nationalgalerie aus kann man andere Gebäude des Kulturforums sehen. Am auffälligsten ist die Große Philharmonie von Hans Scharoun, ein eigenartig geformtes Bauwerk mit ungeraden Winkeln, gekurvten Linien, verschieden geformten Wandflächen. Sie ist die Heimat der Berliner Philharmoniker, eines der besten Orchester der Welt. Die Akustik in diesem Konzertsaal soll einzigartig sein. Der Saal ist nicht wie üblich aufgebaut, sondern das Orchester befindet sich im Mittelpunkt und die Zuschauerbereiche sind darum herum terrassenartig angeordnet. Das müsste man jetzt natürlich sehen können, ein Konzert in dieser Halle ist sicher ein Erlebnis für Auge und Ohr.

Dass das Konzept für die Staatsbibliothek ebenfalls von Hans Scharoun stammt, ist eindeutig ersichtlich, sie wurde allerdings erst nach seinem Tod gebaut. Sie besteht aus verschiedenen Baukörpern und ist ebenfalls so konstruiert, dass die Nutzung im Inneren die äußere Ansicht bestimmt. Etwas im Hintergrund steht das Kunstgewerbemuseum von Rolf Gutbrod mit seiner rot geklinkerten Fassade. Das Musikinstrumentemuseum, die Kleine Philharmonie und das Kupferstichkabinett gehören auch noch zum gesamten Ensemble. Alles in allem hat mich das Kulturforum irgendwie enttäuscht. Die Gebäude mögen für sich interessant aussehen, aber insgesamt ist alles zusammengewürfelt, und es ist viel leerer, öder Raum dazwischen. Man hatte eindeutig zu viel Platz hier.

Wir streben nun auf das Sony-Center zu, man hat die auffallende, zeltartige Dachkonstruktion schon vom Kulturforum aus sehen können. Als wir schräg gegenüber einem der Eingänge die Straße überqueren wollen, traue ich meinen Augen kaum: Hier kommt gerade ein Hunde-"Schlitten" daher. Naja, also Kufen hat er keine, sondern Räder, es liegt ja auch kein Schnee hier. Die Assoziation dabei ist aber trotzdem "Schlitten". Ich nehme an, man kann den Herrn mit seinen Huskies für eine Stadtrundfahrt buchen.

Das Sony-Center ist ein Projekt des Architekten Helmut Jahn, der auch das Neue Kranzler Eck gestaltet hat. Es besteht aus Büros, Wohnungen, Kinos und Gastronomie. Auch die "Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen" ist darin untergebracht. In der Mitte befindet sich ein Forum, das von einer spektakulären Dachkonstruktion überspannt ist. Es gefällt mir total gut hier. Ich kann überhaupt nicht mehr aufhören zu fotografieren. Immer wieder sehe ich neue Ausschnitte, entdecke neue Blickwinkel. Die Spiegelungen im Boden in der Mitte des Forums - ich nehme an, dass hier in den nicht kalten Jahreszeiten Wasser drin ist - sind ebenfalls sensationell, genauso wie die Spiegelungen der Dachkonstruktion in den Glasfassaden der Gebäude, die je nach Lichteinfall verschiedene Effekte verursachen.

Das Sony-Center ist nicht das einzige Riesenbauprojekt in der Gegend um den Potsdamer Platz, das hier in den letzten Jahren aus dem Boden gestampft wurde. Und es wird noch heftig weiter gebaut.

Ein Stückchen Berliner Mauer hat man hier stehen gelassen, davor lassen sich die Touristen liebend gerne fotografieren, es war gar nicht so leicht, ein Foto ohne Menschen davor zustande zu bringen.

Es ist schon so gegen 15 Uhr, als wir beschließen, in Richtung Hotel zurückzufahren. Wir sind hungrig und unsere Füße brauchen ein wenig Pause. Wir betreten daher den unterirdisch angelegten Bahnhof Potsdamer Platz in der Hoffnung, dort in eine U-Bahn Richtung Bahnhof Zoo einsteigen zu können. Das ist aber nicht der Fall. Hier gehen anscheinend nur Schnellbahnen ab. Wir steigen also wieder nach oben, um eine U-Bahn-Station anzusteuern. Da kommt gerade ein Doppeldecker-Bus daher, Linie 200, Endhaltestelle Bahnhof Zoo. Na bitte! Passt ja perfekt, noch dazu ein Bus mit Aussicht!

An dieser Stelle seien nun die Buslinien 100 und 200 überhaupt einmal besonders hervorgehoben. Sie sind für Touristen ideal. Man braucht lediglich eine gültige Fahrkarte, um sie zu benutzen. Man kommt an allen Sehenswürdigkeiten vorbei. Wenn man einen Platz in der oberen Etage und womöglich sogar in der ersten Reihe ergattert, sieht man natürlich besonders gut. Die Busse fahren in dichtem Takt, auch abends. Der 100er verkehrt zwischen dem Busbahnhof Zoo und dem Alexanderplatz, der 200er startet ebenfalls beim Zoo, hat eine leicht abweichende Route und fährt vom Alex noch in den Stadtteil Prenzlauer Berg weiter. Die genauen Stationen erfährt man auf der Seite der BVG. Der 100er hat auch einen eigenen Eintrag auf der Berliner Stadtseite "Berlin.de".

Wir sitzen also im 200er Richtung Zoo. Als besondere Spezialität haben wir einen Wagen erwischt, in dem nicht mittels Tonband die Stationen ausgerufen werden, sondern der Fahrer persönlich ins Mikrofon spricht. Dabei wird in ernstem Tonfall so dieses und jenes witzig Formuliertes "eingebaut". Vor dem Hotel Intercontinental ist ein Riesen-Polizeiaufgebot. Irgendwelche total wichtigen Menschen weilen da anscheinend im Moment.

Eigentlich wollten wir bei einem asiatischen Schnell-Imbiss eine Nudelbox erstehen. Was uns von diesem Vorhaben abhält, ist die Tatsache, dass man dabei weder die Füße ausrasten noch gemütlich in der Wärme sitzen kann. So landen wir in einem Asiatischen Restaurant. Die Auswahl erweist sich als gelungen. Wir waren alle vier mit unserem Essen sehr zufrieden.

Dann sind wir allerdings ein wenig ratlos, wie es weitergehen soll. Wir sind zwar schon in Hotel-Nähe, aber um den Besichtigungstag ganz abzuhaken, ist es noch etwas zu bald. Große Strecken wollen wir aber vorerst mal nicht mehr per pedes zurücklegen. Wir beschließen daher, den 100er-Bus zu besteigen und uns durch ein Gebiet kutschieren zu lassen, das wir erst morgen zu Fuß näher erkunden werden. Wir sitzen schon im Bus, können aber nicht gleich losfahren, denn die Straße vor dem Busbahnhof ist von der Polizei abgeriegelt, ich nehme an, dass es die wichtigen Leute aus dem Hotel Intercontinental sind, die nun in diesen großen schwarzen Limousinen vorbeigewunken werden.

Dann geht es los. Ich habe tatsächlich einen Platz oben in der ersten Reihe erwischt und versuche, möglichst viel zu fotografieren. Die Qualität der Fotos durch das Glas des Busfensters lässt aber leider doch zumeist sehr zu wünschen übrig. Ich füge hier trotzdem einige ein, weil sie die Abendstimmung gut einfangen. Infos zu diesen Sehenswürdigkeiten gibt es erst an späterer Stelle.

An der Endhaltestelle beim Alexanderplatz steigen wir aus. Mittlerweile ist es schon ein wenig dämmrig geworden. Um die Bus-Sightseeing-Runde zu schließen, nehmen wir kurz darauf den 200er-Bus zurück bis zum Bahnhof Zoo. Wie es der Zufall so will, der witzemachende Busfahrer von heute nachmittags ist immer noch im Dienst..., ein weiteres Mal haben wir ihn jedoch in den nächsten Tagen nicht mehr angetroffen.

Wir gönnen uns nun zwei Stunden Ausrastzeit, bevor wir neuerlich losziehen. Denn abendliche Rundgänge gehören zu einer Stadtbesichtigung auf alle Fälle dazu. Wir nehmen wieder den nun schon bewährten 200er-Bus. Warum sollte man mit der U-Bahn fahren? Da sieht man nichts. Und in diesem Doppeldecker kann man Eindrücke des abendlichen Berlin genießen.

Wir steigen in der Nähe der Staatsoper und der Neuen Wache aus. Die Gebäude entlang des Prachtboulevards Unter den Linden sind effektvoll beleuchtet. Wir werden hier natürlich auch noch bei Tageslicht vorbeikommen. Also gilt wiederum, dass es die Infos zu den Sehenswürdigkeiten an einer anderen Stelle des Berichtes geben wird, das gilt für unsere gesamte abendliche Route.

Vorbei am Zeughaus überschreiten wir den ersten Arm der Spree auf der Schlossbrücke. Der Fernsehturm ist sehr beherrschend und hebt sich gegen den nächtlichen Himmel ab. Wir durchqueren die Museumsinsel, gehen am Berliner Dom vorbei und über den zweiten Arm der Spree. Anschließend führt unser Weg ein Stück am Ufer entlang und schließlich bis zum Hackeschen Markt. Gemessen an Jahreszeit und Temperatur sind relativ viele Menschen hier unterwegs.

Weiter geht es zu den Hackeschen Höfen und zu den Rosenhöfen. Beide erweisen sich als besonders gute Fotomotive, speziell im Dunkeln bieten sie schöne Ansichten. Ich könnte mir vorstellen, dass es in der warmen Jahreszeit angenehm ist, hier zu flanieren.

Mit der Schnellbahn fahren wir von der Station Hackescher Markt dann schließlich bis zum Bahnhof Zoo zurück. In einem McDonalds-Restaurant genehmigen wir uns noch einen Kakao und eine Apfeltasche. Der Kakao wärmt uns endlich ein wenig auf. Gefroren haben wir für heute wirklich genug. Aber das wird in den nächsten Tagen leider nicht besser.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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