Motive und Vorlagen
Man kann ein Bild mit einem bestimmten Motiv oder
„abstrakt“ malen. Dabei wird aber genaugenommen das
Wort „abstrakt“ immer falsch verwendet. Es würde
ja nur heißen, dass man ein gegenständliches Motiv
„abstrahiert“. Eigentlich müsste man
„ungegenständlich“ dazu sagen. Wie dem auch sei,
das was man allgemein unter „abstrakt“ versteht, ist
nicht meine bevorzugte Art zu malen. Aber nicht, weil ich das
nicht machen will, sondern weil ich es nicht kann. Oft wird ja
behauptet, es sei ganz einfach, da wird nur irgendwas
hingeworfen, was nachher nichts darstellen muss. Ich finde es
absolut nicht einfach. Meine Versuche in dieser Richtung waren
völlig unbrauchbar. Es gibt tolle ungegenständliche
Bilder. Ich habe jedoch noch keines zustande gebracht, darum
werde ich auch nicht weiter auf dieses Thema eingehen.
Genaues Gegenteil von „ungegenständlich“
ist der Versuch, beim Malen die Wirklichkeit 1:1 abzubilden. Es
funktioniert natürlich sowieso nicht, und außerdem ist
es auch noch völlig sinnlos. Man nehme lieber einen
Fotoapparat und drücke aufs Knöpfchen. Vielmehr
sollte das Ziel sein, die Wirklichkeit mit künstlerischen
Mitteln neu darzustellen, zu verändern, zu interpretieren,
dem Bild eine Aussage zu geben. Dazu gehört sehr viel
Kreativität und das ist für mich DIE Herausforderung
schlechthin. Das unterscheidet den Künstler vom Handwerker.
Bei Aquarellmotiven wird man vermutlich in erster
Linie an Landschaften denken. Flüchtig hingehauchte, zarte
Bilder mit viel Atmosphäre, die haben mir immer gefallen,
und der Wunsch, so etwas auch zu können, hat mich zum
Aquarellmalen gebracht. Leider ist das überhaupt nicht meine
Stärke.
Mir geht es besser mit Architektur. Wenn man
Stadtansichten und Gebäude als Motiv wählt, kann es
ganz hilfreich sein, ein wenig über Perspektive zu wissen.
Ich male auch gerne Blumen. Sie eignen sich
besonders gut für Aquarell, weil die durchsichtigen Farben
den zarten Blumen am ehesten gerecht werden.
Tiere sind schwierig zu malen, finde ich. Vögel
gehen noch einigermaßen, aber Tiere mit Fell sind
wesentlich schwerer darzustellen. Ich habe schon ein paar Mal
Elefanten gemalt, weil das meine Lieblinge sind (Link
zu meiner Elefanten-Seite).
Menschen zu malen ist ein Kapitel für
sich. Jemanden zu zeichnen kann ich mir gerade noch vorstellen,
da habe ich es mit Linien zu tun, da sehe ich eine Chance. Aber
malen, speziell in Aquarell, und zwar so, dass man die Person
auch wiedererkennt? Aus heutiger Sicht für mich unmöglich!
Bleiben noch Stillleben. Bei diesem
Wort denkt man sofort an Obstschüsseln, Kannen, Gläser,
Kerzenleuchter. Das mag einem vielleicht öd vorkommen.
Stillleben haben aber einen entscheidenden Vorteil: Sie rühren
sich nicht vom Fleck, man kann die Komposition immer wieder
abändern, etwas weglassen, etwas hinzufügen. Sie sind
sozusagen die „geduldigste“ Variante eines Motivs.
Und man muss ja nicht gerade öde Dinge nehmen. Es geht auch
mit ungeputzten Schuhen, Nähutensilien, Spielzeug, ganz
persönlichen Erinnerungsstücken und ... und .... und.
Während ich gerade so über Stillleben schreibe, frage
ich mich, wieso ich selber fast nie welche male.
Unabhängig von der Art des Motivs, gibt es
für mich mehrere verschiedene Möglichkeiten, wie ich zu
einem Bild komme: Ich male entweder nach der Natur, nach Fotos,
nach gemalten Bildern oder aus dem Gedächtnis.
Malen nach der Natur:
Das ist so die landläufige
Vorstellung: Der Künstler steht inmitten einer prächtigen,
sonnigen Landschaft vor seiner Staffelei, hat seine Utensilien
malerisch um sich herum drapiert und schwingt kreativ seinen
Pinsel. Die Wirklichkeit schaut - zumindest für mich - etwas
anders aus. Die Sache hat mehrere Haken: Erst einmal muss man die
Ausrüstung, auch wenn man sehr bescheiden dabei ist, mit
sich tragen. Abgesehen von den normalen Utensilien wird man eine
Sitzgelegenheit brauchen und Wasser mit sich führen müssen.
Dann muss man einen wirklich geeigneten Platz finden. Man soll ja
schließlich ein tolles Motiv vor den Augen haben, dabei
aber nicht in der Sonne schmoren oder in einem Ameisenhaufen
sitzen. Abschüssig soll es auch nicht sein. Malt man in
einer Stadt oder zumindest in einem belebten Gebiet, muss man
damit rechnen, dass man sehr schnell Zuschauer hat. Vielleicht
stört das auch gar nicht, aber man
sollte sich dessen jedenfalls schon vorher bewusst sein.
Abgesehen von alldem ist Malen nach
der Natur grundsätzlich besonders schwierig, da man einen
weiten Blickwinkel hat, sich aber für einen bestimmten
Ausschnitt entscheiden muss und da man die Dreidimensionalität
in die Ebene übersetzen muss. Dazu kommt noch, dass die
Farben schneller als gewohnt trocknen, dass sich die
Lichtverhältnisse durch Wolken blitzschnell ändern,
dass sich die Schatten unentwegt weiterbewegen, und ein
plötzlicher Regenguss ist in den meisten Fällen auch
nicht so gut für das Bild.
Das klingt jetzt so, als würde
ich es ablehnen, nach der Natur zu malen. So meine ich es aber
ganz und gar nicht. Ich finde es toll, wenn man mit allen
Widrigkeiten fertig wird, es ist sicher die schönste
Methode, zu einem Bild zu kommen. Schließlich hat man das,
was man gemalt hat, ... „erlebt“. Außerdem wenn
man sich zu Hause geliebte Gegenstände zu einem Stillleben
zusammenstellt und dieses dann malt, dann ist das ja eigentlich
auch "nach der Natur".
Skizzieren
nach der Natur und später dann nach der Skizze Malen:
Das habe ich bisher noch am
allerwenigsten gemacht. Ich habe den Skizzenblock nie dabei, wenn
ich ihn brauche. Umgekehrt bin ich schon hin und wieder damit
herumgelaufen und habe nicht wirklich was Malenswertes damit nach
Hause gebracht.
Aber natürlich sind Skizzen eine
gute Möglichkeit, schnell eine Erinnerungsstütze
anzufertigen für etwas, was man hier und jetzt nicht malen
kann. Aber für diesen Zweck tut meiner Meinung nach auch der
Fotoapparat gute Dienste, wenn man von vornherein berücksichtigt,
dass ein Foto nicht immer eine Stimmung oder Bildwirkung
einfangen kann, die muss man schon im Hirn auch speichern.
Malen nach Fotos:
Das ist die von mir derzeit am häufigsten
verwendete Methode. Sie hat mehrere große Vorteile: Erst
mal ist die Übertragung von dreidimensional auf
zweidimensional schon passiert. Das hat einem der Fotoapparat
abgenommen. Dann ist im Zeitalter der digitalen Fotografie ein
Foto ja wirklich schnell festgehalten, man fotografiert auch noch
zusätzlich von verschiedenen Blickwinkeln, eventuell mit und
ohne Blitz – die Kamera ist geduldig, und zu Hause kann man
leicht aussortieren und die Fotos, die man vielleicht später
einmal als Vorlage zu einem Bild brauchen könnte, einfach
verspeichern.
Man kann natürlich auch noch jede Menge
andere Fotos verwenden. Im Internet findet man wunderschöne
Fotos, die als Anregung für ein Bild dienen können. Ich
schneide auch oft schöne Motive aus Zeitschriften,
Werbesendungen, Reisekatalogen usw. aus. Das funktioniert sehr
gut mit Blumen, Landschaften, Gegenständen und Stimmungen.
Oft sieht man die Möglichkeit zu einem Bild erst auf den
„zweiten Blick“. Man sollte dabei nicht nur in den
gängigen Bahnen denken.
Ich sammle auch Bilder von bekannten
Sehenswürdigkeiten. Im Laufe der Zeit habe ich jedoch
festgestellt, dass die Motivation diese zu malen nicht besonders
groß ist. Lieber male ich einen abseits der Touristenrouten
liegenden Campo in Venedig oder eine kleine Gasse in Caorle, also
etwas, wo ich selber dort war, als das Taj Mahal oder die Skyline
von Manhattan. Ich bin noch nicht sehr weit herumgekommen in der
Welt. Ich hoffe, das wird sich noch ändern, aber das ist
eine andere Geschichte. Das zu malen, was ich selber schon
gesehen habe, macht jedenfalls mehr Spaß.
Malen nach Fotos hat aber auch Nachteile. Wichtig
ist für mich, zu bedenken, dass für die Komposition
eines Fotos oft andere Regeln gelten als für ein Bild. Es
gibt ganz tolle Fotos mit einer ganz zarten kleinen Mohnblume
mitten in einem noch grünen Weizenfeld, mit den Rillen, die
die Brandung am Strand im Sand hinterlässt, mit Strukturen,
die von Holz oder Baumrinden usw. aufgenommen wurden. Wenn man
sich so ein Foto als Anregung für ein Aquarell nimmt, kann
es mit der gleichen Komposition funktionieren, muss aber nicht.
Es könnte auch schlicht und einfach fad ausschauen.
Ein weiteres Problem beim Arbeiten mit Fotos ist,
dass es auf alle Fälle das genaue Malen fördert. Also,
wenn man so wie ich immer das Problem hat, die Wirklichkeit allzu
perfekt abbilden zu wollen, auch wenn man es eigentlich gar nicht
wirklich will, dann sind Fotos natürlich ein Schritt in die
falsche Richtung. Ich habe dafür eine zum Teil praktikable
Lösung gefunden: Wenn ich es für vernünftig halte,
verwende ich das Foto nur anfänglich und räume es weg,
wenn ich die wesentlichen Elemente auf dem Papier habe. Dann kann
ich nicht mehr so am Original kleben.
Malen nach gemalten Bildern:
Ich bin immer auf der Jagd nach ausgedienten
Kalendern mit Aquarellen und hebe auch sonst alles auf, was mir
irgendwo unterkommt. In Kursen werden ebenfalls oft Aquarelle zum
Nachmalen angeboten. Außerdem gibt es eine Fülle von
Aquarellbüchern, aus denen man sich Anregungen holen kann.
Oft wird auch „Schritt für Schritt“ gezeigt, wie
das Bild entstanden ist.
Für Anfänger ist Nachmalen eine gute
Möglichkeit,
zu lernen, und ich finde es auch gar nicht so schwer. Man muss
sich nicht um Motiv und Komposition kümmern, um
Farbstimmigkeit und sonst noch was. Vor allem ist das Problem der
Darstellung von sehr kleinteiligen Strukturen schon gelöst.
Damit meine ich die Darstellung von Laub auf den Bäumen,
Wiesen, Mauerwerk, irgendwelche Texturen. Man kann sich
anschauen, wie der andere das gemacht hat. Mit ein wenig
Erfahrung kann man erkennen, wie die Effekte entstanden sind und
diese zu kopieren versuchen. Lernen tut man mit Sicherheit sehr
viel dabei.
Manche sagen aber auch, dass es sehr schwer ist.
Das liegt meiner Meinung nach großteils daran, dass man
sich von vornherein bewusst sein muss, dass jede winzige
Kleinigkeit in den Voraussetzungen das Bild anders macht (man hat
ein stärker gekörntes Papier, man verwendet andere
Farben und Pinsel, ....), da sind auch Dinge, die man gar nicht
wissen und erkennen kann. Das heißt, selbst wenn man
genauso ein Könner wäre, könnte man unter diesen
Bedingungen nicht dasselbe schaffen. Also bitte andere Maßstäbe
anlegen! Nachmalen, aber das Ergebnis dann ohne Seitenblick auf
das Vorlagenbild für sich alleine bewerten! Es ging ja nicht
darum, dasselbe Bild nochmals zu malen oder eine Fälschung
herzustellen.
Eines meiner hübschesten Bilder ist ein
nachgemaltes Mohnblumenbild. Ich weiß nicht mal, von wem
das Original ist, mittlerweile auch nicht mehr so genau, wie es
ausgeschaut hat, ob ich nahe dran bin oder nicht. Ich habe es in
einem Kurs als Vorlage bekommen, und es ist zufällig total
gut gelungen. Es gefällt auch meinem Mann sehr gut, darum
hängt es auf seiner Seite des Bettes im Schlafzimmer. Ihn
kümmert es wenig, dass es abgekupfert ist.
Malen aus dem Gedächtnis:
Ich glaube, dass das nur in seltenen Fällen
funktioniert. Es kommt natürlich auf das Motiv an. Wenn man
eine bestimmte Blumenart schon öfter gemalt hat und sich mit
den Besonderheiten auseinandergesetzt hat, kann man sie
wahrscheinlich aus dem Gedächtnis immer wieder malen. Bei
Landschaften kann es auch gut gehen, bei Gebäuden und
Stadtansichten halte ich es für nahezu unmöglich.
Das schwierigste Problem: Ich weiß
nicht, was ich malen soll!
Manchmal macht mich das ganz verrückt. Ich
weiß nicht, ob andere auch das Problem haben,
wahrscheinlich nicht in diesem Ausmaß wie ich. Aber es gibt
nichts Schlimmeres, als tagelang keine Zeit zum Malen zu finden,
und dann habe ich sie und ich setze mich hin und räume alles
aus, und dann kommt die große Frage: WAS?
Ich habe mir "tonnenweise" Vorlagen und
Anregungen zurechtgelegt. Ich besitze eine große Kiste mit
Hängeordnern, in denen feinsäuberlich nach Motiven
getrennt alles Mögliche aufgehoben ist, eine wahre
Fundgrube. Ich werfe keine Zeitschrift ins Altpapier, ohne sie
auf Motivideen durchzusehen, ich schneide aus, klebe auf,
versorge in Folien, reihe ein, um, aus.... Vieles davon hat mir
auch schon wirklich gute Dienste geleistet, aber es funktioniert
nur, wenn ich schon ungefähr weiß, was ich malen
möchte. Die Beschäftigung mit dieser Vorlagenkiste
macht an sich Freude und gehört zum Hobby dazu. Ich neige
überhaupt (auch in anderen Bereichen) zum Katalogisieren und
Ordnen. Manchmal komme ich mir aber ziemlich blöd dabei vor.
Denn ganz egal, ob ich im Besitz von 10 Motivideen bin oder von
500, ich weiß sehr oft nicht, was ich malen soll.
Ich notiere mir, wenn mir irgendwo,
irgendwann was einfällt. Ich sehe einen schönen Baum,
einen besonders tollen Himmel, irgendeine interessante Struktur,
eine gewagte aber wirkungsvolle Farbzusammenstellung, eine
eindrucksvolle Stimmung. Ich ärgere mich, dass ich gerade
keine Zeit und keine Möglichkeit habe, es festzuhalten. Wenn
Zeit und Möglichkeit dazu da sind, habe ich es entweder
vergessen, nicht mehr wirklich präsent oder es entstehen
Schwierigkeiten bei der Vorstellung, wie ich es umsetzen könnte.
Ich habe mir Strategien zugelegt für
eine zufällige Auswahl, wenn ich wieder mal so ganz
unschlüssig bin, blind Hineingreifen in die Kiste, irgendwie
Weiterzählen etc. Ich bin dabei nie besonders erfolgreich.
Entweder ich verwerfe es gleich wieder oder es gefällt mir
nachher nicht.
Ich bin darauf aus, viel Material zu
besitzen. Wenn ich stoßweise Aquarellblöcke habe, dann
kann ich ja drauflosmalen, dann geht mir ja nicht das Papier aus.
Für die Farben gilt dasselbe. Ich kaufe mir zwar gutes, aber
nicht das allerteuerste Material, damit ich ja nicht so ängstlich
damit umgehen muss. Hilft aber auch nichts. Ich sitze vor dem
leeren Papier und weiß nicht was.
Ich räume meinen Malplatz penibel
auf, damit ich nicht von vornherein festgelegt bin, weil ich dann
ja auch mit einer ganz anderen Technik was anfangen könnte,
nicht mit dem was herumliegt. Ich räume andersherum meinen
Malplatz nicht auf, damit ich keine Arbeit habe, alles
herzuräumen und die Lust zum Malen beim Betrachten der
herumliegenden Utensilien kommt, es hilft alles nichts.
Ich geh mir damit zeitweise selber auf
die Nerven. Ich würde gerne wissen, wie andere dieses
Problem lösen.
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